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Berlusconis Minister treten zurück

Regierungskrise in Italien

Nachdem die Abgeordneten und Minister der Berlusconi-Partei ihren Rückzug aus Parlament und Regierung angekündigt haben, steckt Italien in einer Regierungskrise. Es ist fraglich, ob es Staatspräsident Napolitano gelingt, die Regierung Letta im Amt zu halten und Neuwahlen abzuwenden.

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Am 1. August wurde Senator Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs rechtskräftig zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Gemäß dem im Dezember 2012 erlassenen „Severino“-Gesetz führt eine Verurteilung zu einer Haftstrafe von über einem Jahr zum Verlust eines Parlamentsmandats. Entsprechend berät seit Wochen ein Ausschuss des italienischen Senats, ob dieses Gesetz nun auch auf den langjährigen Ministerpräsidenten und Parteichef anzuwenden ist.

Berlusconi und seine Anhänger – die mittlerweile nicht mehr als „Popolo della Libertà“ (PDL, dt. „Volk der Freiheit“) sondern wieder als „Forza Italia“ (FI, dt. „Vorwärts Italien“) firmieren wollen – vertreten die Position, dass das „Severino“-Gesetz keine Anwendung finden darf, da die Straftat für die Berlusconi verurteilt wurde, vor der Verabschiedung des Gesetzes stattgefunden habe. Diese Auffassung teilt jedoch nur eine Minderheit der Verfassungs- und Strafrechtsexperten. Deshalb – und auch aufgrund der politischen Mehrheitsverhältnisse - wird der befasste Ausschuss des Senats aller Voraussicht nach in Kürze bestätigen, dass Silvio Berlusconi das Senatorenamt zu entziehen ist. Die Frage muss anschließend noch im Plenum des Senats behandelt werden. Jedoch kann Silvio Berlusconi auch dort nicht auf Nachsicht hoffen: Zwar haben die politischen Umstände die Mitte-Linkspartei „Partito De-mocratico“ (PD, „Demokratische Partei“) im Frühjahr 2013 unter Premierminister Enrico Letta in eine Koalition mit Berlusconis Partei gezwungen - für einen Verbleib Berlusconis im Parlament zu stimmen, dürfte jedoch kaum ein PD-Politiker über sich bringen. Noch unwahrscheinlicher ist dies im Falle der Abgeordneten des „Movimento 5 Stelle“ (M5S, dt. „Fünf-Sterne-Bewegung“).

Rücktrittswelle in Parlament und Regierung

Die PdL/FI wirft dem Koalitionspartner PD indes die „politische Verfolgung“ Berlusconis vor und verweist darauf, dass das Vertrauensverhältnis in der Koalition zerrüttet sei. Silvio Berlusconi selbst stellte die Koalition am 29. September öffentlich per Twitter in Frage: „Jetzt muss dem Wähler wieder das Wort gegeben werden“.

Bereits Tage vorher erklärten fast alle PDL/FI-Abgeordneten in Senat und Abgeordnetenkammer ihren Rücktritt. Entsprechende Schriftstücke wurden bei den Fraktionsvorsitzenden hinterlegt. Auch wenn Berlusconi erklärt, dass seine „persönlichen Probleme keinen Einfluss auf die politischen Entscheidungen“ gehabt hätten und von einigen Politikern offiziell der drohende Anstieg der Mehrwertsteuer IVA für den Rücktritt vorgeschoben wird: Symbolisch bringen die Abgeordneten damit zum Ausdruck, dass sie dem Parlament nicht mehr angehören wollen, wenn ihrem Parteivorsitzenden Berlusconi der Ausschluss droht.

Am 30. September haben nun auch die fünf PDL/FI-Minister in der Regierung Letta ihren Rücktritt eingereicht.

Premierminister Enrico Letta hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass seine Regierung keine Entscheidung der Justiz bzw. des Parlaments beeinflussen könne. Er warb bei der PDL/FI und bei Silvio Berlusconi für die Fortsetzung der großen Koalition. Bereits nach den Rücktrittsankündigen der Parlamentarier sagte Letta jedoch: „Ich habe nicht vor, um jeden Preis zu regieren“. Noch diese Woche wird er im Parlament die Vertrauensfrage stellen.

Für Staatspräsident Napolitano, der seine Wiederwahl an eine Bereitschaft von PD und PDL/FI zur Zusammenarbeit geknüpft hatte, sind dies bittere Tage. Noch am Wochenende hatte Staatspräsident Napolitano an die Verantwortung aller politischen Kräfte appelliert. Sollte Premierminister Letta im Verlauf dieser Woche nun nicht von einer Mehrheit des Parlaments das Vertrauen ausgesprochen bekommen, muss Staatspräsident Napolitano in Gesprächen mit allen Parteien prüfen, ob die Regierungskoalition noch einmal zu kitten ist oder ob sich eine neue Regierung auf Basis der gegebenen Mehrheitskonstellation des Parlaments bilden lässt. Scheitert beides, drohen Italien Neuwahlen.

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