Asset-Herausgeber

Länderberichte

Überzeugender Wahlsieg von Pavol Frešo in der Region Bratislava

von Dr. Werner Böhler

Regionalwahlen in der Slowakei in zwei Wahlgängen

Das Ergebnis der Regionalwahlen in der Slowakei bestätigte die Dominanz der sozial-demokratischen Smer-SD. Dennoch konnte die Christlich Demokratische Union-Demokratische Partei (SDKU-SD) die wirtschaftlich stärkste Hauptstadtprovinz mit einem überzeugenden Wahlergebnis erneut gewinnen. Für Überraschung sorgte die Wahl eines Rechtsextremisten zum Regionsvorsitzenden in der Region Banska Bystrica. Im Regionalparlament blieb er jedoch ohne Basis.

Asset-Herausgeber

Die vierten Wahlen für die Organe der regionalen Selbstverwaltung fanden aufgrund eines Beschlusses des Präsidenten des Nationalrats der Slowakischen Republik am 9. November 2013 statt. Eine erforderliche Stichwahl war zwei Wochen später für den 23. November 2013 vorgesehen.

Die Slowakei wurde im Jahr 1996 in acht Selbstverwaltungsregionen aufgeteilt. Es dauerte jedoch knapp fünf Jahre, bis im Jahr 2001 die ersten Regionalwahlen durchgeführt wurden. Obwohl die regionalen Selbstverwaltungen über wichtige Kompetenzen verfügen (Verkehr – Straßen der zweiten und dritten Kategorie, Mittelschulen, regionale Krankenhäuser, Seniorenheime, Kultur, Fremdenverkehr, regionale Entwicklung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit) blieb das Interesse an den Regionalwahlen von Beginn an sehr gering. An der ersten Runde der diesjährigen Regionalwahlen nahmen nur 20,11% der Wahlberechtigten teil. In vier der acht Regionen, in Trnava, Trenčín, Nitra und Košice, erreichte die Wahlbeteiligung nicht einmal 18 %. Das ist noch weniger als bei den Wahlen im Jahr 2009. Bereits bei der letzten Regionalwahl erreichte die durchschnittliche Wahlbeteiligung im ersten Durchgang lediglich 22,9%. Bei allen bisherigen Regionalwahlen beteiligten sich folglich weniger als ein Viertel der Wahlberechtigten an der Abstimmung. 25 Jahre nach dem demokratischen Neubeginn und 20 Jahre nach der eigenen Staatsgründung ist das eine bedenkliche Feststellung.

Im Jahre 2012 wirtschafteten die acht Regionen mit einem Finanzvolumen von 1,14 Milliarden Euro, wobei die Verschuldung der Regionen zusammen die Summe von 347 Millionen Euro erreichte. Laut Peter Goliáš, Direktor des unabhängigen Think Tank INEKO, liegt die durchschnittliche Verschuldung der Regionen bei 34% ihrer Einnahmen, was ein relativ sicheres Niveau darstelle. Allerdings gibt es zwischen den einzelnen Regionen große Unterschiede. So ist die Verschuldung der Region Banská Bystrica mit 25% relativ niedrig, während sich die Regionen Trnava und Trenčín der kritischen Grenze in Höhe von 60% nähern. Die Haupteinnahmequellen der Regionen sind die Einkommensteuer (ab 2012 bekommen die Regionen 21,9% der erhobenen Einkommensteuer), die Straßensteuer (wird von Firmen und Gewerbetreibenden für Autos je nach dem Sitz der Firma gezahlt), Gelder aus den europäischen Fonds, staatliche Subventionen, Mieteinnahmen und Einnahmen aus dem Verkauf vom Eigentum.

Die Regionalwahlen stellten für die Mitte-Rechts-Parteien in der Slowakei eine wichtige politische Herausforderung und zugleich einen ersten Test über die Mehrheitsverhältnisse etwa anderthalb Jahre nach den Wahlen zum Nationalen Parlament dar. Bekanntlich gewann die sozialdemokratische Smer-SD, unter Führung von Robert Fico, die vorgezogenen Parlamentswahlen im März 2012 und konnte mit einer absoluten Mehrheit im Parlament erstmals alleine regieren. Hinzu kommt eine deutliche Dominanz der Sozialdemokraten in den Regionalparlamenten in der Wahlperiode 2009 – 2013. Die Mitte-Rechts-Parteien stellten in diesem Zeitraum lediglich in der wichtigen Provinz Bratislava den Vorsitzenden der Regionalregierung.

Die drei Mitte-Rechts-Parteien KDH (Christlich Demokratische Bewegung), SDKÚ-DS und die Partei der ungarischen Minderheit Most-Híd (Brücke) konnten sich in vier der acht Regionen, nämlich in den Regionen Bratislava, Trenčín, Žilina und Prešov, auf eine gemeinsame Kandidatenliste und die Unterstützung eines gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden der Selbstverwaltungsregion einigen. In den übrigen vier Regionen (Trnava, Nitra, Banská Bystrica und Košice) war dies nicht der Fall.

Bereits im ersten Wahlgang entschieden die Wähler in drei Regionen - Trenčín, Žilina und Prešov - mit einer absoluten Mehheit über den Vorsitzenden der regionalen Selbstverwaltung.

Eine Stichwahl musste in folgenden fünf Regionen am 23. November 2013 stattfinden, um über den Vorsitzenden der jeweiligen regionalen Selbstverwaltung zu entscheiden.

Das Wahlergebnis bestätigte erwartungsgemäß eine Dominanz der Partei SMER-SD auch auf der regionalen Ebene. Die einzige Region, in der SMER-SD nur einen einzigen regionalen Abgeordneten gewinnen konnte und damit ein Debakel erlitt, ist Bratislava, wo die breite Mitte-Rechts-Koalition zusammen 34 von 44 Sitzen im regionalen Parlament besetzen wird. Auch der gemeinsame Kandidat für das Amt des Vorsitzenden der regionalen Selbstverwaltung, Pavol Frešo, konnte die SMER-SD-Kandidatin Monika Flašíková-Beňová mit einem großen Vorsprung besiegen. Da er aber keine Mehrheit erzielte, wurde die Wahl zwischen den beiden Kandidaten im zweiten Wahlgang entschieden.

Die drei weiteren gemeinsamen Kandidaten der Volksplattform konnten sich gegen die starken SMER-SD-Kandidaten nicht durchsetzen und verloren bereits in der ersten Runde. In der Region Trnava stellte neben der SMK, ebenfalls eine Partei der ungarischen Minderheit, auch Most-Híd mit dem Parlamentsabgeordneten József Nagy einen eigenen Kandidaten. Dieser erhielt 18,12% der abgegebenen Stimmen. Der gemeinsame Kandidat vom KDH und SDKU-DS, der Parlamentsabgeordnete und ehemalige Gesundheitsminister Ivan Uhliarik, belegte mit 18,26 % der Stimmen den dritten Platz.

Als eine Überraschung aber zugleich auch als Warnsignal musste das Ergebnis im ersten Wahlgang in der Region Banská Bystrica bewertet werden. Dort erzielte der Vorsitzende der rechtsextremistischen „Volkspartei Unsere Slowakei“, Marián Kotleba, mit gut 20% der Stimmen ein beachtliches Ergebnis und landete auf dem zweiten Platz. Damit erreichte Kotleba völlig unerwartet die Stichwahl gemeinsam mit dem amtierenden Vorsitzenden der regionalen Selbstverwaltung, Vladimír Maňka (MdEP für SMER-SD). In dieser Region unterstützte die KDH den Kandidaten von SMER-SD, Vladimir Maňka, während die Parteien SDKU-DS und Most-Híd auf den Parlamentsabgeordneten Ludovít Kaník setzten, der jedoch mit 15,07% der Stimmen nur den dritten Platz belegte.

Im Vergleich zu den Regionalwahlen 2009 stieg die Zahl der gewählten unabhängigen Regionalabgeordneten von 55 auf 73. Als zweitstärkste Partei konnte die christlich demokratische Bewegung KDH jedoch nur sechs Mandate hinzugewinnen und erreichte 57 Sitze. Mit 31 Vertretern in den Regionalparlamenten schnitt die SDKU-DS deutlich schlechter ab als vor vier Jahren. 2009 gewann SDKU noch 58 Sitze.

Erstmals beteiligte sich bei den Regionalwahlen Anfang November die Neugründung NOVA (Neue Mehrheit), die vom ehemaligen Vizevorsitzenden der KDH, Daniel Lipšic, angeführt wird. Der Kandidat dieser Partei für das Amt des Vorsitzenden in der Region Bratislava war der Parlamentsabgeordnete Daniel Krajcer, der der Regierung von Iveta Radičová (SDKU-DS, 2010¬–2012) als Kultusminister für die liberale Partei Freiheit und Solidarität – SaS angehörte. Krajcer erreichte zwar nur 13,56 % der Stimmen und damit den dritten Platz. Mit seiner Kandidatur verhinderte der Kandidat von NOVA jedoch einen Wahlsieg des Kandidaten der Mitte-Rechts-Koalition, Pavol Frešo, in der ersten Runde. Auch die NOVA-Kandidaten für die Abgeordnetenplätze konnten sich überwiegend nicht durchsetzen, obwohl, wie beispielsweise in der Region Bratislava, mehrere Parlamentsabgeordnete auf der Wahlliste vertreten waren. Insgesamt erhielt NOVA lediglich fünf Mandate.

Auffallend ist das niedrige Interesse der Wähler an den Regionalwahlen, was mehrere Ursachen haben kann: Desinteresse der Bürger gegenüber der Politik, Unkenntnis der Kompetenzen der Regionen, als willkürlich empfundene regionale Grenzziehungen. Erwartet wurde eine noch niedrigere Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang, die jedoch auf der niedrigen Höhe des ersten Wahlgangs verblieb. Ebenso wurde erwartet, dass die an erster Stelle platzierten Kandidaten die Stichwahl für sich entscheiden würden. Allerdings kam es in der Region Banská Bystrica zu einer demokratiepolitisch bedenklichen Überraschung.

Ergebnisse der Stichwahl am 23. November 2013

In der Hauptstadtregion Bratislava feierte der amtierende Regionalvorsitzende, Pavol Frešo, bei der Stichwahl einen Triumph. Mit über 74 Prozent der abgegebenen Stimmen gewann er überzeugend gegen seine sozialdemokratische Herausfordererin, Monika Flašíková-Beňová, die nur auf 25,75 Prozent kam. Bratislava blieb damit jedoch die einzige Region, in der sich die nationale Opposition, bestehend aus den Mitte-Rechts-Parteien KDH, SDKU-DS und MOST-Hid, klar durchsetzen konnte. Bedeutsam ist die Feststellung, dass sich in diesem Ergebnis auch die Anti-Fico-Haltung in der bedeutenden Hauptstadtregion ausdrückt. Trotz einer massiven und kostspieligen Kampagne der Gegenkandidatin und Europaabgeordneten Monika Beňová, blieb der westliche Teil der Slowakei blau gefärbt und bestätigte damit erneut eine gewisse Andersartigkeit im Sinne einer größeren Diversität im Vergleich zu den restlichen Regionen. Die Region Bratislava, an der westlichen Grenze zu Österreich gelegen, gehört zu den reichsten aber auch teuersten Regionen der Slowakei mit hohen Gehältern und teuren Wohnungen, aber auch mit der niedrigsten Arbeitslosenrate. Traditionsgemäß konzentrierte sich hier die Opposition gegen den nationalistisch ausgerichteten Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten, Vladimír Mečiar. Dieses oppositionelle Verhalten richtete sich jetzt gegen den amtierenden Sozialdemokraten, Robert Fico. Nachdem sich Fico seit seiner zweiten Wahl zum Ministerpräsidenten eher politisch moderat gab, verfiel er im Wahlkampf teilweise in links-nationalistisches Vokabular, das den Wählern in der Hauptstadt und der zugehörigen Region offensichtlich noch in unguter Erinnerung aus Ficos erster Amtszeit war, als er mit der rechts-nationalistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) und der Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) eine Koalitionsregierung bildete. Im Gegensatz zu anderen Regionen kann sich Pavol Frešo in Bratislava auch im Regionalparlament auf eine überwältigende Mehrheit der Mitte-Rechts Parteien stützen, während sich die Smer-SD hier mit einem einzigen Abgeordnetensitz abfinden musste.

Überraschung in Banská Bystrica

Die politische und intellektuelle Elite der Slowakei steht sichtlich unter Schock, seit Ende November Marián Kotleba, Vorsitzender der rechtsextremen Partei „Volkspartei Unsere Slowakei", vollkommen unerwartet die Wahl zum Regionalvorsitzenden von Banská Bystrica gewann. Weder die etablierten Parteien noch Politologen oder Medien hatten ernsthaft damit gerechnet, dass der Führer der Rechtsextremisten in der Slowakei tatsächlich die Stichwahl am 23. November gewinnen könnte. Im ersten Wahlgang zwei Wochen zuvor galt es noch als eine Sensation, dass der wegen seiner extremistischen Agitation mit Unterrichtsverbot belegte ehemalige Informatiklehrer überhaupt in die Stichwahl kam. Da der sozialdemokratische Amtsinhaber, Vladimír Maňka, bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit mit einem halben Prozentpunkt nur hauchdünn verpasste, sah es so aus, als wäre der zweite Wahlgang nur eine notwendige Formalität, um die Peinlichkeit des ersten Durchgangs weg-zuwischen. Doch stattdessen setzte sich Kotleba in einer der historischen Kernregionen der Slowakei, deren regionale Sprachvariante seit dem 19. Jahrhundert als Norm für die slowakische Hochsprache gilt, mit 55,5% sogar sehr deutlich gegen den hoch favorisierten sozialdemokratischen Amtsinhaber durch. Aufgrund der geringen Wahlbeteiligung von nur 24,6% der Stimmberechtigten reichten dafür jedoch nur 71.400 Wählerstimmen. In allen anderen Regionen war die Wahlbeteiligung noch weit niedriger als in Banská Bystrica.

"Zum Vorsitzenden der Region wurde ein Extremist gewählt, dessen erste politische Partei verboten wurde. …Sein Triumph verändert das ganze Land…“, kommentierte die Zeitung Týždeň das Ergebnis. Ebenso eindeutig fiel der Kommentar der Pravda aus: "Für vier Jahre wird die Region jetzt ein Repräsentant solcher politischer Kräfte führen, die Rassismus, Xenophobie und Hass gegen die Demokratie predigen und deren Anhänger unter den Symbolen des faschistischen Regimes des Zweiten Weltkriegs marschieren". Ähnlich klar und auch in diesem Tenor reagierten einhellig die anderen Medien. Auch in den internationalen Medien konzentrierte sich die Berichterstattung über die Regionalwahl in der Slowakei und deren Kommentierung fast ausschließlich auf das Teilergebnis in der Region Banská Bystrica.

Der neue Regionsvorsitzende Marián Kotleba führte jahrelang eine Truppe namens "Slovenská pospolitosť" an. In Uniformen, die sich gerade noch ausreichend von faschistischen Vorbildern unterschieden, dass eine vielleicht in diesem Fall zu tolerante slowakische Justiz sie nicht verbieten musste, marschierten sie zu Gedenktagen des von Hitler kontrollierten Slowakischen Staates (1939 – 1945). Die "Slovenská pospolitosť" reizte die Grenzen der Legalität so extrem aus, dass sie es als bisher einzige politische Partei überhaupt seit der Gründung der unabhängigen Slowakischen Republik 1993 "schaffte", rechtskräftig verboten zu werden. Kotleba und seine Anhänger gründeten danach eine formal neue, aber ideologisch gleichgesinnte Partei namens "Volkspartei Unsere Slowakei".

Gefährliche Sprache gegenüber Minderheiten

Kotleba versteht sich und seine „Volkspartei Unsere Slowakei“ als Sprachrohr gegen "kriminelle Zigeuner". Parallel zur Etikettenänderung wechselte Kotleba die Strategie indem er seine rechtsextreme Agitation mehr und mehr gegen die Roma-Minderheit ausrichtete. Damit heizte er die ohnehin bei einem Teil der Bevölkerung bestehende Anti-Roma-Stimmung an. Zum neuen Erfolgsrezept wurden Aufmärsche vor Roma-Ghettos gegen die "Zigeuner-Kriminalität" nach tschechischem und ungarischem Vorbild. Dort waren es die inzwischen verbotene "Arbeiterpartei" / Dělnická strana in Tschechien und die ebenfalls offiziell verbotene „Ungarische Garde", die als uniformierte Organisation der legalen Parlamentspartei Jobbik auftrat.

Die TV-Auftritte und Wahlkandidaturen Kotlebas blieben lange Zeit relativ erfolglos. Das änderte sich im Vorfeld der Wahlen vom November 2013.

Kotleba gelang es immer mehr, sich als einfachen Kämpfer gegen Kriminalität, Ungerechtigkeit und die "Diskriminierung der anständigen Mehrheit" in Szene zu setzen. Verständnislos gab er sich gegenüber Medien und Menschenrechtsorganisationen, die ihn für sein Eintreten für die "Rechte einfacher Leute" als "extremistisch" angeprangerten. Möglicherweise führten die schwachen Wahlergebnisse von Kotleba in der Vergangenheit dazu, die Gefahr, die von rechtsextremistischen Tendenzen für die Demokratie in der Slowakei ausgeht, zu unterschätzen. Es scheint, dass darin einer der Gründe liegt, dass Kotleba und seiner rechtsextremen Partei ein zu großer Handlungsspielraum gewährt wurde. Die neue Entwicklung aufgrund des Wahlergebnisses stellt nun eine besondere Herausforderung für die demokratischen Parteien und die Zivilgesellschaft dar.

< p>Gegenseitige Schuldzuweisungen

Mit sichtlicher Ratlosigkeit werden jetzt überall Erklärungsversuche unternommen. Denn schließlich erreichte Kotlebas "Volkspartei Unsere Slowakei" bei den letzten Parlamentswahlen 2012 landesweit nur ein mageres Ergebnis von 1,6 Prozent und war damit nicht einmal in die Nähe der Fünfprozenthürde für den Parlamentseinzug gekommen.

Jene Wenigen, die sich zum Beispiel gegenüber den Videokameras des liberalen Internetportals der Tageszeitung "Sme", zu ihrer Stimme für Kotleba bekennen, verharmlosen ihre Entscheidung: "So radikal wie er redet, wird er eh nicht wirklich handeln können, aber sein Erfolg kann jetzt dazu führen, dass die „kriminellen Zigeuner“ sich nicht mehr alles trauen", sagte eine anonyme Sympathisantin. Den Gedanken, dass ein Wahlerfolg Kotlebas "die Zigeuner erschrecken" könnte, nennen mehrere Befragte in ähnlichem Sinn.

Und wie reagierte die offizielle Politik auf den Wahlerfolg Kotlebas? "Der Sieg von Kotleba ist eine gewaltige Niederlage der Demokratie in der Slowakei", sagte der Chef der christlich-liberalen ehemaligen Regierungspartei SDKÚ, Pavol Frešo. Er forderte alle demokratischen Parteien zu gemeinsamen Anstrengungen auf, um die Probleme der Menschen gemeinsam zu lösen und damit dem Extremismus den Nährboden zu entziehen. Der sozialdemokratische Regierungschef Robert Fico gab hingegen gerade Frešos SDKÚ und den anderen Mitte-Rechts-Parteien die Schuld an Kotlebas Wahlerfolg. Selbst angesichts der extremistischen Bedrohung hätten sie den Sozialdemokraten die Unterstützung verweigert. Dass seine Gleichgültigkeit gegenüber der schlechten sozialen Situation der Bevölkerung und eine absolute Passivität in Sachen Roma-Minderheit an dem wachsenden Extremismus Schuld trägt, will er nicht wahr haben. Unmittelbar vor der Wahl machte der Premierminister selbst Stimmung gegen Minderheiten, indem er gegen die Kandidatur eines ungarischen Parteivor-sitzenden in der Region Trnava polemisierte. Dabei handelt es sich um den Vorsitzenden Jozsef Berenyi von der SMK, eine der beiden Parteien der ungarischen Minderheit. Hinzu kommt, dass er nach dem ersten Wahlgang den klaren Wahlsieg des Amtsinhabers der Smer-SD in der Stichwahl schon als Tatsache hinstellte, was wohl viele eigene Wähler von dem Gang zum Wahllokal abgehalten haben dürfte.

Angesichts der realen Kompetenzverteilung darf aber auch das Gewicht der acht Regionalparlamente nicht überbewertet werden. In Bratislava kann sich Pavol Frešo auf eine überwältigende Mehrheit der ihn unterstützenden Parteien verlassen. Smer-Sozialdemokratie verfügt in vier der acht Regionen, nämlich Nitra, Trenčín, Banská Bystrica und Prešov, über eine absolute Mehrheit im Regionalparlament. Dabei handelt es sich jedoch überwiegend nicht um eigene Mehrheiten der Smer-SD, sondern um Wahlbündnisse mit Parteien, die auf der nationalen Ebene dem Lager der Volksplattform aus KDU, SDKU und Most-Hid zuzurechnen wären. In drei der vier übrigen Regionen (Trnava, Košice, Žilina) verfügt das bürgerliche Lager über eine relative Mehrheit. Sofern sich die Mitte-Rechts-Parteien einig sind, können sie diese Position zur Stärkung ihrer Rolle auf nationaler Ebene nutzen. Noch ein Mal ist in diesem Zusammenhang Banská Bystrica zu erwähnen, weil es sich mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im regionalen Parlament um einen Sonderfall handelt. Trotz Kotlebas sensationellem Sieg bei der Direktwahl des Regionspräsidenten gewann seine "Volkspartei Unsere Slowakei" nur einen einzigen Sitz im Regionalparlament. Damit sind seine Handlungsmöglichkeiten als Regionspräsident sehr eingeschränkt.

Anmerkung:

Die gesammelten offiziellen Wahlergebnisse (mit Auswahlmöglichkeit zwischen summarisierten Resultaten, einzelnen Regionen und anderen Auswahlkriterien) sind in slowakischer und englischer Sprache hier detailliert abrufbar.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Bereitgestellt von

Auslandsbüro Slowakei

Asset-Herausgeber

Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist in rund 110 Ländern auf fünf Kontinenten mit einem eigenen Büro vertreten. Die Auslandsmitarbeiter vor Ort können aus erster Hand über aktuelle Ereignisse und langfristige Entwicklungen in ihrem Einsatzland berichten. In den "Länderberichten" bieten sie den Nutzern der Webseite der Konrad-Adenauer-Stiftung exklusiv Analysen, Hintergrundinformationen und Einschätzungen.

Bestellinformationen

erscheinungsort

Slowakische Republik Slowakei