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Das COP21-Abkommen: Auswirkungen und Möglichkeiten für Subsahara-Afrika

Post-COP21 Expert Roundtable-Discussion

Das interdisziplinäre Expertengespräch mit Mitgliedern des Weltklimarates IPCC, der südafrikanischen COP21-Delegation und weiteren Experten beleuchtete die Vereinbarung der UN-Weltklimakonferenz 2015 in Paris sowie deren Bedeutung für Subsahara-Afrika.

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Unter der Fragestellung, welche Herausforderungen und Chancen sich aus der COP21-Weltklimakonferenz für Subsahara-Afrika ergeben und welche Rolle dabei die staatlichen Institutionen spielen können, fanden sich 20 Experten zu einem interdisziplinär ausgerichteten Gespräch im KAS Büro Johannesburg ein. Unter inhaltlicher Mitarbeit der beiden IPCC-Mitglieder Professor Oliver Ruppel, KAS-Partner und Direktor des Development and Rule of Law Programmes (DROP) an der Universität Stellenbosch, sowie Dr. Debra Roberts, Co-Chair der Working Group II des IPCC und zugleich Leiterin des Umweltdepartments der Stadt Durban, wurde das Gespräch in zwei thematische Panels aufgeteilt: Im ersten wurde die städtische Perspektive beleuchtet, im zweiten die rechtliche Perspektive. Mit dieser Schwerpunktsetzung wurden zwei entscheidende Interventionshebel für eine nachhaltige Umsetzung des Abkommens adressiert. Die Schwerpunktsetzung, sowie die interdisziplinär ausgerichtete Expertengruppe, grenzte das Expertengespräch von anderen Post-COP21-Veranstaltungen ab.

Zu Beginn des Gesprächs wurde zunächst auf die Ergebnisse und Auswirkungen des Klimagipfels für den afrikanischen Subkontinent eingegangen. Hierbei wurde angemerkt, dass Afrika, und Südafrika im Speziellen, bei COP21 eine bedeutendere Rolle spielten als dies bei vorherigen COP-Gipfeltreffen der Fall war. Dies liege zum einen an den sich verstärkenden negativen Folgen des Klimawandels für Afrika und zum anderen an den selbstbewusster vorgetragenen Forderungen der afrikanischen Länder. Zudem wurde angemerkt, dass die aktuelle internationale Klimawandelagenda eine her-vorragende Möglichkeit darstelle, diese mit einer afrikanischen Entwicklungsagenda zu verbinden und dass diese Möglichkeit nicht ungenutzt gelassen werden dürfe. Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurden vor allem zwei für den afrikanischen Kontinent wichtige Meilensteine hervorgehoben: die bedeutende Rolle der Anpassung („Adaptation“) gegenüber den Folgen des Klimawandels sowie die entscheidende Rolle von Städten in Afrika.

Stadtentwicklung und Klimaanpassung im Fokus der afrikanischen Klimaagenda

Bezüglich der Anpassung an den Klimawandel wurde erwähnt, dass dieses Thema sehr prominent in Paris behandelt worden sei und durch das erstmals beschlossene globale An-passungsziel die Wichtigkeit des Themas hervorgehoben wurde. Dies sei sehr erfreulich für die meisten afrikanischen Verhandlungspartner gewesen. Die südafrikanischen Experten verdeutlichten hier, dass bislang oftmals noch Strategien zur Minderung des Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase („Mitigation“) im Vordergrund gestanden hätten, dies sei z.B. an einem eigens formulieren Minderungskapitel im Nationalen Entwicklungsplan Südafrikas (NDP) zu sehen. Es sei zu begrüßen, dass es hier nun zu Veränderungen kommen sollte. Bezüglich des zweiten Meilensteins, der Stadtentwicklung, wurde erwähnt, dass es vor allem Städte und zugehörige Stadtverwaltungen seien, die den benötigten transformativen Ansatz für eine nachhaltige Entwicklung bieten würden. Vor dem Hintergrund, dass für Afrika weltweit die größten Urbanisierungswellen prognostiziert würden, sei dies ein nicht zu verachtendes Thema. Dadurch würde dieses auch in Zukunft verstärkt Eingang in den entwicklungspolitischen Dialog finden.

Städte als dezentrale Akteure nachhaltiger Entwicklung stärken!

Im Rahmen des ersten Panels fokussierte sich die Diskussion auf die Rolle der Städte und Stadtverwaltungen. Von den IPCC-Mitgliedern Oliver Ruppel und Debra Roberts wurde darauf hingewiesen, dass noch nie in der Geschichte der COP-Verhandlungen so intensiv über die Notwendigkeit von Maßnahmen auf subnationaler Ebene diskutiert worden sei wie während des COP21-Gipfels. Gerade die transformative Rolle von Stadtregierungen und Stadtverwaltungen größerer Städte und Metropolregionen in Afrika habe hierbei laut Debra Roberts im Fokus gestanden. Städte seien auf der einen Seite maßgeblich am Ausstoß von Kohlenstoffdioxid beteiligt, auf der anderen Seite böten sie jedoch aufgrund ihrer Kompaktheit nachhaltige und transformative Lösungen hin zu einer nachhaltigen und energieeffizienten Stadt der Zukunft an. Dies unterstrich auch die Repräsentantin des südafrikanischen Städtetages (SALGA), Telly Chauke, die jedoch auch vor zu hohen Erwartungen an städtische Verwaltungen warnte. Aufgrund der an-steigenden Urbanisierungswellen würden viele Städte in Zukunft zunächst verstärkt damit beschäftigt sein, elementare Funktionen wie Infrastruktur und Wohnungsbau aufrecht zu erhalten. Hierbei würden diese Städte auch (internationale) Beratung und Unterstützung benötigen, zum Beispiel bei der Frage, inwiefern klimarelevante Maßnahmen in Stadtplanung und städtisches Governance integriert werden könnten. Laut Chauke brachte COP21 jedoch nicht die erhoffe Gewissheit, wie notwendige nachhaltige Finanzierungsmechanismen aussehen könnten. Diese seien aber vor dem Hintergrund der unzureichenden internen Finanzierungsquellen in den meisten Ländern unabdingbar.

„Climate Governance requires Good Governance“

Professor Nhamo, Politikwissenschaftler an der University of South Africa, nahm diese Diskussion auf und verwies in seinem Statement darauf, dass jegliche Lösungsansätze auf kommunaler oder städtischer Ebene politische Steuerung benötigten. Gerade im Rahmen der globalen Klimaagenda der „vier fundamentalen Quadranten“ (MDG/SDG-Ziele; Addis Abeba-Finanzierungsabkommen; COP21-Abkommen; Framework on Disaster Risk Reduction) könnte die vor einigen Jahren verabschiedete Agenda 2063 der Afrikanischen Union eine unterstützende Rolle spielen. Insbesondere in dem für Afrika so bedeutenden Bereich der Klimaanpassung. Professor Nhamo fasste die erste Diskussionsrunde mit den Worten „Climate Governance requires Good Governance“ zusammen.

Klimaflüchtlinge und Energiesicherheit als politische Zukunftsthemen

Zudem müsse laut Professor Nhamo die Frage der Energiesicherheit verstärkt auf die afrikanische Agenda gerückt werden. Dies könne zukünftig verstärkt unter regionaler Führung Südafrikas erfolgen. Die Energiefrage sei elementar für die Entwicklung Afrikas, da diese in direktem Zusammenspiel mit (auch ausländischen) Direktinvestitionen stehe und Millionen von Menschen aus der Armutsfalle herausholen könne. In diesem Zusammenhang könnte COP21 Anschub für eine Energiewende in Afrika sein, die wiederum aufgrund der Erfahrungen in Deutschland vor allem durch deutsche Expertise unterstützt werden könnte. Manche Diskussionsteilnehmer sahen hier einen großen Zukunftsmarkt für Technologien „vierter Generation“. Laut Professor Ruppel spiele an dieser Stelle vor allem das Investorenvertrauen eine wichtige Rolle. Hier müssten die nationalen Regierungen unterstützender wirken und sich auch für internationale Kooperationen stärker öffnen.

Als weiteres brisantes Thema wurde im weiteren Verlauf des Gesprächs das Thema der Klimaflüchtlinge diskutiert. Dieses sei vor allem für die Politik nicht zu vernachlässigen. Gerade für Länder wie Südafrika und Deutschland, die jeweils Flüchtlinge aus dem südlichen, respektive nördlichen Afrika an-ziehen würden, könnte dieser Faktor eine zusätzlich destabilisierende Wirkung entfalten. Daher sollten gerade jene betroffenen Länder wie Südafrika und Deutschland zusätzliche Finanzierungsquellen bereitstellen, um klimarelevante Fluchtursachen präventiv zu bekämpfen.

COP21 als weltweite Klimaverfassung?

Das zweite Panel der Expertenrunde beschäftigte sich mit der rechtlichen Perspektive des Abkommens. Hier standen die Fragen nach den rechtlichen Säulen und der rechtlichen Absicherung im Vordergrund. In seinem Eingangsstatement machte Professor Ruppel deutlich, dass es verschiedene rechtliche Perspektiven gäbe, die meisten würden das Abkommen hierbei als Erfolg ansehen. Professor Ruppel erwähnte hier sogar den Begriff einer neuen weltweiten Klimaverfassung. Das Abkommen sei ein klarer Kompromiss zwischen den Ländern, die ein stärker bindendes Abkommen befürwortet hatten und den Ländern, die jegliche rechtliche Bindungen ablehnten (hier v.a. China und die USA). Es handele sich insgesamt um ein Abkommen unter internationalem Recht, das jedoch nicht eigenständig ist, sondern nur in Verbund mit dem UN-Rahmenüberein-kommen zum Klimawandel (UNFCCC) wirke. Die einzig rechtlich bindende Wirkung des Abkommens habe leider nur prozessualen Charakter. Die Vertragsländer müssen sich verpflichten, alle fünf Jahre ihre jeweiligen nationalen Anstrengungen zu dokumentieren und überprüfen zu lassen. Bei der Auslegung dieser Ziele gäbe es jedoch sehr viel Handlungsspielraum. Wichtig werde hier vor allem der „peer pressure“ anderer Staaten sein, die mit einer gewissen Vorbildfunktion vorgehen und damit andere Länder mitziehen könnten. Dies könne einen sehr wichtigen Hebel darstellen. Bezüglich der von den jeweiligen Staaten nun zu erstellenden Klimaaktionsplänen, den sogenannten INDCs (Intended Nationally Determined Contributi-ons) sei festzustellen, dass diese teilweise von internationalen Consultants geschrieben worden seien und der wichtige Ownership-Prozess von afrikanischen Regierungen hier vereinzelt fehlen würde. Der Schlüssel in Bezug auf die Implementierung der jeweiligen INDCs würde darin liegen, verstärkt auf Klimaanpassung zu schauen, dabei aber die Minderungsziele nicht aus den Augen zu verlieren.

COP21 – “The good, the bad and the ugly“

Generell wurde das Paris-Abkommen von den Diskussionsteilnehmern differenziert betrachtet. Positiv sei zunächst, dass ein neues Klimapaket zustande gekommen ist. Zudem wurde begrüßt, dass die Interessen der Industrieländer nicht gegen die Interessen der Entwicklungsländer ausgespielt worden seien und viele Stakeholder in den Kompromiss einbezogen wurden („the good“). Hinter diesen positiven Aspekten würden sich jedoch große politische, bürokratische und strukturelle Limitierungen befinden. Kritisiert wurde zum Beispiel die mangelnde Rechtskraft des Rahmenabkommens sowie, dass sich durch den beschlossenen anstehenden Ratifizierungsprozess das Abkommen um Jahre ver-zögern könnte („the bad“). Woran sich aber die meisten afrikanischen Länder immens stören würden, sei die ungeklärte Finanzierung der folgenden Maßnahmen sowie die Unverbindlichkeit mancher Entscheidungen („the ugly“). Hier sind Milliardensummen versprochen worden, es sei jedoch unklar, ob in Gegenwart der derzeitigen problematischen politischen Situation vieler Länder Zusagen auch wirklich eingehalten werden können. Insgesamt, so waren sich die Teilnehmer des Expertengesprächs einig, müsse die afrikanische Stimme generell mehr Einfluss auf internationaler Bühne erhalten. Zudem müssten Herausforderungen des Klimawandels stets im Zusammenspiel mit Fragen der Klimagerechtigkeit, Nahrungsmittelsicherheit und Armut gesehen werden. Dieser Nexus sei insbesondere für Afrika entscheidend.

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