Zunächst begrüßt die Leiterin des Regionalbüros Rheinland, Simone Habig, die Gäste im Livestream: „Welche Auswirkungen hat die Geschichte auf die heutige Gesellschaft und wie sieht die Erinnerungsarbeit der Zukunft aus?“ Danach stiegen die Podiumsgäste in die Diskussion ein – mit einem Thema, das alle derzeit in ihrer Arbeit bewegt: Die Covid-19 Pandemie. Die Verlegung der Stolpersteine habe sich verändert, sagt Katja Demnig, die als pädagogische Mitarbeiterin in dem Projekt mitwirkt: „Viel, was vorher auf der Straße passierte, geht jetzt digital – Verlegungen werden jetzt zum Beispiel per Video übertragen.“ Es sei wichtig zu wissen für die Angehörigen, die jetzt nicht aus anderen Ländern zu den Verlegungen anreisen können, dass de Verlegungen weitergehen, ergänzt Künstler Gunter Demnig: „Wir machen weiter!“
„Erinnerung muss über eine emotionale Bindung stattfinden“
Die Autorin und Regisseurin Freya Klier besucht sonst häufig Schulklassen und führt Workshops durch. Das sei gerade in der Form nicht möglich – dafür nehme sie sich aber Zeit, an einem Buch zu schreiben. Sarah Röhr bemerkt Veränderungen: Sie organisiert den jährlichen DenkT@g-Wettbewerb der Konrad-Adenauer-Stiftung mit, bei dem Klassen Projekte zum Thema Erinnerung einreichen können. Trotz der Schulschließungen hätten viele Schülerinnen und Schüler einzeln oder in selbst organisierten Gruppen teilgenommen: „Wir setzen uns mehr mit der Umwelt auseinander und ich merke, dass Schülerinnen und Schüler gerade mehr reflektieren.“
Erinnern: Mehr als Auseinandersetzen mit der Vergangenheit?
Für Freya Klier ist Erinnern ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubens: „Ich habe mir selbst als 11. Gebot gegeben: Du sollst erinnern.“ Sarah Röhr greift dieses Bild auf: „ich würde das Gebot gerne ergänzen – Du sollst danach handeln. Wir müssen das Miteinander finden.“ Dazu gehöre auch, dass Schülerinnen und Schüler „im Unterricht nicht das erste Mal etwas mit Jüdinnen und Juden zu tun haben, wenn sie die Opferzahlen sehen“, sagt Katja Demnig. Es sei wichtig zu zeigen, dass es schon lange jüdische Kultur und Traditionen in Deutschland gibt und jüdisches Leben heute muss sichtbar werden.
„Das Interesse ist konkret durch Stolpersteine“
Sichtbar wird Erinnerung durch die Stolpersteine, sagt Gunter Demnig: „Der Gedanke, dass es vor der eigenen Haustür stattgefunden haben könnte – da fängt ein Prozess im eigenen Kopf an.“ Dieser Erinnerungs-Prozess sei wichtig für demokratische Prozesse, sagt Freya Klier. Der gleichen Meinung ist auch Sarah Röhr: „Meine Generation hat das Privileg, in Deutschland nie außerhalb einer Demokratie gelebt zu haben. Das müssen wir uns immer wieder bewusst machen – und erinnern hilft dabei.“
Erinnerung: Transfer der Vergangenheit in die Zukunft
Um bei Schulklassen dieses Bewusstsein zu wecken, erzählt Katja Demnig häufig von eine Stolpersteinverlegung: Die Tochter der Frau, für die der Stein verlegt wurde, erzählte von ihrer Kindheit und von all den Sachen, die sie nicht mit ihrer Mutter machen konnte – und geht dann weiter zurück: Ihre eigene Tochter habe keine Großmutter gehabt, die mit ihr Geschichten lese und ihre Enkelkinder hätten einen Teil ihrer Geschichte verloren: „Das zeigt jedem, wie sehr sie ihr Leben lang darunter gelitten habt. Ihr fragt euch, warum wir 75 Jahre danach immer noch darüber reden? Das ist der Grund.“
„Wir können Zeitzeugen nie ersetzen“
Zuletzt dreht sich die Diskussion um die Zukunft der Erinnerungsarbeit: Freya Klier plädiert für mehr Flexibilität in den Lehrplänen, „um Projekte fächerübergreifend durchzuführen.“ Es gebe immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, sagt Katja Demnig – deswegen sei es wichtig, die Gespräche, die noch stattfinden, zu dokumentieren. Gunter Demnig möchte das Projekt Stolpersteine weitertragen: „Es sind die neuen Generationen, die nachfragen. Das Interesse ist noch intensiver geworden. Man könne Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zwar nicht ersetzen, sagt Sarah Röhr, „aber digitale Angebote können einen Raum für Emotionalität bieten und zum Nachdenken anregen.“
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Bereitgestellt von
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Über diese Reihe
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