Monitor Ordnungspolitik: Welche Parteien halten Kurs?
Einzeltitel
Vor 70 Jahren setzte Wirtschaftsminister Ludwig Erhard mit der Währungsreform und der
Abschaffung der Preisbindung das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft in die Praxis um.
Seitdem hat sich die Soziale Marktwirtschaft als erfolgreiche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
bewährt. „Wohlstand für Alle“ blieb kein Versprechen, sondern wurde eine für die
Bürger persönliche Erfahrung. Seitdem ist die Soziale Marktwirtschaft als erfolgreiche Wirtschaftsordnung
in der deutschen Gesellschaft etabliert und akzeptiert.
Parteien und Verbände bekennen sich heute zur Sozialen Marktwirtschaft und berufen sich
auf deren „Gründerväter“, um ihre politischen Forderungen zu untermauern. Das stiftet
Verwirrung – denn die Soziale Marktwirtschaft dient als Argumentationsgrundlage für teils
widersprüchliche Forderungen. Die Europapolitik ist nur ein Beispiel: Die Vertiefung der
europäischen Integration und Freihandel seien im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft, sagen
die einen. Die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft stehen im Gegensatz zu mehr europäischer
Integration und Freihandelsabkommen, meinen die anderen. Das gleiche Phänomen
beobachten wir in der Steuerdebatte.
Die Soziale Marktwirtschaft hat sich als stabile und verlässliche Wirtschaftsordnung erwiesen
– auch in Krisenzeiten. Diese Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sollte der Kompass
in wirtschaftspolitischen Fragen sein. Angesichts der oben geschilderten Situation stellt sich
allerdings die Frage, wofür die Soziale Marktwirtschaft eigentlich steht. Welche wirtschaftspolitischen
Positionen sind im Einklang mit ihren den Grundwerten und Prinzipien, wie die
Freiburger Schule und Alfred Müller-Armack sie konzipierten und Ludwig Erhard sie umsetzte?
Und wie lassen sich die teils widersprüchlichen Forderungen in ihrem Namen erklären?
Dieses Papier beantwortet diese Fragen und erörtert die unterschiedlichen Verständnisse
der Sozialen Marktwirtschaft unter den im Bundestag vertretenen Parteien. Die Analyse
fokussiert sich dabei auf die drei Themengebiete, bei denen diese Unterschiede am deutlichsten
hervortreten: Freihandel, Europa- und Haushaltspolitik. Das Vorgehen ist wie folgt:
Der nächste Teil wird die Soziale Marktwirtschaft, ihre Prinzipien und Grundwerte vorstellen,
um ein Grundverständnis dieser Wirtschaftsordnung zu vermitteln. Der dritte Teil analysiert,
wie sich die im Bundestag vertretenen Parteien mit Verweis auf die Soziale Marktwirtschaft
zu Fragen unserer Zeit positionieren – und welche Leitlinien die Soziale Marktwirtschaft
bezüglich Freihandel, Europa- und Haushaltspolitik zieht. Abschließend fasst das Fazit die
wesentlichen Erkenntnisse zusammen.