Sammelbuchbesprechung
Marco Althaus (Hrsg.):
Kampagne! Neue Strategien für Wahlkampf, PR und Lobbying
Münster 2002: LIT
Marco Althaus / Vito Cecere (Hrsg.):
Kampagne!2 – Neue Strategien für Wahlkampf, PR und Lobbying
Münster 2003: LIT
Stephan Becker-Sonnenschein / Manfred Schwarzmeier (Hrsg.):
Vom schlichten Sein zum schönen Schein?
Kommunikationsanforderungen im Spannungsfeld von Public Relations und Politik
Wiesbaden 2002: Westdeutscher Verlag
Thomas Berg (Hrsg.):
Moderner Wahlkampf – Blick hinter die Kulissen
Opladen 2002: Leske + Budrich
Matthias Machnig (Hrsg.):
Politik – Medien – Wähler
Wahlkampf im Medienzeitalter
Opladen 2002: Leske + Budrich
Fritz Plasser mit Gunda Plasser:
Globalisierung der Wahlkämpfe – Praktiken der Campaign
Professionals im weltweiten Vergleich
Wien 2003: WUV-Universitätsverlag
Ingrid Zoll:
Öffentliche Meinung und politisches Handeln
Berlin Stuttgart Wien 2003: Verlag Paul Haupt
Inszenierung statt Inhalt? / Profis statt Parteiaktivisten? Mediendemokratie statt repräsentative Demokratie?
Neuerscheinungen zur politischen Kommunikation
„Wo alles inszeniert ist, verschwindet das nicht Inszenierte aus der Wahrnehmung“ beschreibt Michael Kronacher im Buch von Matthias Machnig – „Politik – Medien – Wähler“ – einen Trend, der sich als Leitfaden durch eine ganze Reihe von aktuellen Meinungsäußerungen zu Entwicklungen der politischen Kommunikation zieht. Die meisten Autoren belassen es allerdings nicht bei der Beschreibung des Phänomens: Geboten werden vielerorts Handlungsanweisungen für die Eliten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wie sie sich und ihre Anliegen auch unter den „Vielkanalbedingungen“ (Winfried Schulz) der modernen Medienwelt in Szene setzen können. Wie stark mittlerweile die Form den Inhalt dominiert und wie sich dies werten lässt, bleibt allerdings umstritten.
Hier setzt auch das Buch von Ingrid Zoll über „Öffentliche Meinung und politisches Handeln“ an. Die Bürger, so die Analyse ihrer Freiburger Dissertation an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Kommunikation, stünden marktgerechtem Wettbewerb größtenteils skeptisch gegenüber. Gehe es um die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit dominiere zunehmend die letztere. Damit würden wirtschaftliche Entwicklungs- und Zukunftschancen verspielt, die Menschen verstünden offenbar ihre eigenen Interessen nicht hinreichend. Zolls zentraler Erklärungsstrang: der Einfluss der Medien und insbesondere des Fernsehens mit seinem Hang zu Visualisierung, Personalisierung und Simplifizierung! Nachrichten, so sekundiert auch die Kommunikationswissenschaft, spiegeln die Realität nicht eins zu eins, sie präsentieren immer eine selektierte, limitierte, ja verzerrte Wirklichkeit. „Die Nachrichtenberichterstattung“, so die Autorin mit Blick auf gängige Nachrichtenwerte, „gibt Meldungen und Ereignissen mit negativen Konsequenzen – Unglücksfälle, steigende Arbeitslosigkeit, Entlassungen, Unernehmenspleiten, Betrügereien – grundsätzlich den Vorzug gegenüber Meldungen mit positivem Charakter wie sinkende Verbraucherpreise oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Dadurch fehlt den Medienkonsumenten tendenziell positives Feebackwissen über die Wirkungsweise von Wettbewerb. Während die Meldungen über Massenentlassungen oder Unternehmenspleiten, da sie relativ häufig aufgegriffen und emotional dargestellt werden, den Rezipienten präsent sind und mit `dem´ Markt in Verbindung gesetzt werden, bekommen positive Feedbacks in der Berichterstattung ein viel geringeres Gewicht. Zumal positive Entwicklungen ausgelöst durch Marktöffnungen und Liberalisierungsmaßnahmen oft keinen Ereignischarakter besitzen, der zwingend zu einer Nachricht führt.“
Gleiches lässt sich für viele Handlungsbereiche von Politik und Wirtschaft sagen. Durch die Präferenzen der Medien entstünden, so Zoll, Anreizbedingungen für ein analoges politisches Verhalten. Auch wenn die Autorin den Einfluss von Öffentlichkeitsarbeit auf timing und Präsentation von Themen durchaus benennt, scheint die Sympathie für die These zu überwiegen, dass letztlich doch die Medien Politik und Wirtschaft ihre Bedingungen diktierten. Medieninhalte aber fallen nicht vom Himmel. Immer wieder wird überzeugend bewiesen, wie man „Themen setzt“ und „Meinungsführerschaft gewinnt“. Berechenbar nämlich sind die Produktions- und Selektionskriterien der Medien und der in ihnen Tätigen. Kennen muss man sie allerdings und auch bereit sein, diesen Rahmen effektiv für die eigenen Ziele zu nutzen. Hier aber mangelt es augenscheinlich gerade der Wirtschaft und der Wirtschaftswissenschaft: Warum kennt eigentlich kaum ein interessierter Fernsehzuschauer die Vorstandsvorsitzenden der Dax30-Unternehmen? Warum drückt sich gerade in Deutschland universitärer Fachverstand – von allgegenwärtigen Ausnahmen wie Bert Rürup einmal abgesehen – immer so verquast und unverständlich aus? Warum überlassen gestandene Unternehmensführer die öffentliche Vertretung ihrer Anliegen eigentlich fast ausschließlich Verbandsfunktionären, die oft mit deutlich weniger Authentizität und Autorität agieren?
Was Kampagnen-Altmeister Peter Radunski für die Politik formuliert hat, gilt auch hier: „Es gibt zwei Arten von Politikern: die im Fernsehen und die davor!“ Da hilft kein intellektueller Widerwille und kein Klagen über die Ignoranz der „breiten Masse“: Die besten Ideen nützen nichts, wenn sie unbekannt bleiben. Wer selbst auf wirkungsvolle öffentliche Darstellung verzichtet, darf nicht beklagen, wenn andere für ihn wichtige Themenprägungen vornehmen. Und dafür eignet sich kaum etwas besser als die inflationär präsenten Talk-Show-Formate! Sich gerade auf solche unterhaltungsorientierten Stilelemente einzulassen stößt gleichwohl noch immer bei vielen überzeugten Parteimitgliedern und Verbandsaktivisten auf Skepsis. Sie fürchteten, so zum Beispiel der Pressesprecher von Amnesty International beim deutschen PR-Tag in Berlin, eine Verwässerung ihrer ernsten und seriösen Inhalte, eine Dominanz von „Kampagneros“ und Experten für den schönen Schein. Entsprechend argwöhnisch würden die Profis in den Verbandszentralen beobachtet.
Deren Bedeutung wächst, auch wenn „amerikanische Verhältnisse“ in Deutschland noch weit entfernt scheinen, wie Andrea Römmele und Jürgen W. Falter mit Blick auf den Beraterbusiness für politische Parteien und insbesondere Wahlkämpfe berichten: „Werbe- und PR-Agenturen, die seit langem auch in Deutschland zur professionellen Gestaltung von Wahlkämpfen herangezogen werden, stellen anders als in Amerika, Erfüllungsgehilfen ohne eigene Definitionsmacht dar. Die seltene Spezies des deutschen `Spin Doctor´ ist überdies bisher ausnahmslos politisch motiviert und parteigebunden. Unabhängige Fachleute gewinnen allenfalls über die Medien oder im Rahmen punktueller Politikberatung Einfluss. In dem Maße allerdings, wie sich Kandidaten unabhängig von ihren Parteien durchsetzen, dürfte auch der parteiunabhängige, nur dem Kandidaten verpflichtete Wahlkampffachmann, der dann bei der nächsten Wahl möglicherweise einem Kandidaten anderer politischer Couleur dient, hierzulande an Bedeutung gewinnen. Der Berater von Edmund Stoiber, Michael Spreng, früher einmal Chefredakteur von Bild am Sonntag und in dieser Eigenschaft durchaus ein Schröder-Sympathisant, dürfte ein Vorbote dieser Entwicklung darstellen.“
Gleichwohl ist der Know how-Transfer gerade aus den USA in vollem Gange, wie Fritz Plasser in seiner eindrucksvollen Studie über die „Globalisierung der Wahlkämpfe“ beschreibt und Kontinent für Kontinent mit eigenen Daten belegt. Amerika ist allein schon aufgrund seiner Dichte von Wahlkämpfen – immerhin werden in einem Zyklus von vier Jahren rund 500.000 Wahlämter vergeben und ein Gesamtetat von rund 14 Milliarden Dollar umgesetzt – ein Eldorado für Politikberatung aller Art und ein Labor für neue Entwicklungen. Übertragen aber lassen sich Erfahrungen in Übersee nicht ohne weiteres, der Begriff der „Amerikanisierung“ trägt hier so wenig wie in anderen Lebensbereichen. Nochmals Römmele und Falter: „Manches von dem, was wir Amerikanisierung nennen, ist wohl nichts anderes als die Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen, ein Reflex von technischer Modernisierung und gesellschaftlichem Wandel, insbesondere auf dem Mediensektor. Hierfür spricht, dass sich ganz ähnliche Entwicklungen auch in anderen westlichen Demokratien beobachten lassen.“
Eher schon, da besteht Einigkeit unter den meisten Autoren, versuchen Parteien in aller Welt im Rahmen eines „Shopping-Modells“ die Techniken zu integrieren, die in ihrer je spezifischen Situation von Nutzen sein können: das Wahlsystem, die einschlägigen Wahlgesetze, Begrenzungen für den Einsatz von Fernsehwerbung, die finanziellen Dimensionen insgesamt und auch die ganze politische Kultur eines Landes lassen jede Art von simpler Übertragung scheitern. Immerhin können aktuelle Tendenzen auch in Europa Strukturen hervorbringen, die bisher so nicht die Regel waren. David M. Farrel etwa beleuchtet dies mit Blick auf „Mitarbeiter westeuropäischer Parteien“, die „heutzutage nicht nur immer professioneller werden – indem altmodische Parteibürokraten durch neumodische Marketing-, Öffentlichkeits- und Medienprofis ersetzt werden. Es könnte sich auch eine bedeutsame interne Veränderung vollziehen, was den Grad der Loyalität dieser neuen Mitarbeiter betrifft. So hat etwa das Phänomen des `Chef-Büros´ in den letzten Jahren in einigen Ländern zunehmende Bedeutung gewonnen. Dort finden wir den Parteichef umgeben von einer Handvoll handverlesener Mitarbeiter, die ausschließlich für sie oder ihn arbeiten. Ihr Schicksal als Parteimitarbeiter ist direkt mit dem Schicksal des Parteichefs verknüpft. Loyalität gegenüber der Partei als solcher ist zweitrangig gegenüber der Loyalität zum Parteichef.“
Längst jedenfalls ist auch Deutschland zielstrebig auf dem Weg in die kommunikative Modernisierung, wie die Verbandsebene beweist: bei attac-Deutschland etwa war die erste Personalverpflichtung die eines Verantwortlichen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit; die „Inszenierung“ eigener Themen spielt hier für jeden erkennbar und ganz nach dem Muster des großen Vorbildes Greenpeace eine zentrale Rolle. Auch in den etablierten Parteien macht man sich fit für die Zukunft: eine Professionalisierung hat auf allen Ebenen eingesetzt, entsprechende Seminare und Publikationen haben regelrecht Konjunktur. Einer, der dazu mit der legendären „Kampa“ der SPD wesentlich beigetragen hat, ist Ex-Bundesgeschäftsführer Matthias Machnig, der Profis unterschiedlicher Bereiche in einem allerdings etwas schlampig lektorierten Sammelband zu praxisnahen Beschreibungen ihrer Arbeit veranlasst hat. Da geht es - ähnlich wie in den ebenfalls sehr lesbaren „Kampagne“-Bänden von Marco Althaus und Vito Cecere, bei Stephan Becker-Sonnenschein und Manfred Schwarzmeier sowie bei Thomas Berg - um erfolgreiche Themenkampagnen, den Wahlkampf im Unterhaltungszeitalter, die Etablierung von Parteien als „Marke“ und Aspekte der politischen Werbung, aber auch um die Präsentation ganz konkreter Kampagnen wie der von Tony Blairs New Labour 1997 oder den zurückliegenden amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf.
Hier werden die Instrumente beschrieben, die heute im Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit zur Verfügung stehen, allerdings – bei fast allen Autoren – mit der nötigen Distanz und Skepsis. Fast nirgendwo finden sich aufdringliche Überschätzungen der eigenen Funktion, Versuche, durch die effiziente Nutzung von „spin-doctors tool box“ Politik durch politisches Marketing zu ersetzen. Die Demokratie scheint durch die Modernisierung der Kampagnentechnik durchaus noch nicht ihr Leben „auf dem Opferaltar kampagnenpolitischer Aufrüstung“ (Sarcinelli) auszuhauchen, manche Politikberater sehen geradezu eine Renaissance von Wertefragen als Basis einschlägiger Wahlauseinandersetzungen. Zur Erreichung der Ziele – auch der rein machtpolitischen - aber regiert mehr denn je gnadenloser Pragmatismus, nicht zuletzt in Wahlkampfzeiten: Machnig: „Organisation ist Politik, und Politik ist Organisation. Parteien können nur dann modern und erfolgreich sein, wenn sie über eine moderne und professionelle Organisation verfügen. Diese Tatsache mag nicht allen gefallen. Wahr bleibt sie gleichwohl.“ Und auch für eine klare Aufgabenteilung wird plädiert, etwa zwischen den politisch Verantwortlichen einer Kampagne und denen, die sie kreativ umsetzen sollen: So beschreiben Michael Block und Barbara und Fritz Görgen ihre Erfahrungen aus der erfolgreichen Landtagswahlkampagne der FDP für Nordrhein-Westfalen, wenn sie feststellen: „Als eiserne Regel wurde ... vereinbart: Die Parteiseite entscheidet die politischen Fragen und weiß dass sie kein Werbe – Profi ist. Die Agentur hat das Prä bei der werblichen Strategie und weiß, dass sie kein Polit-Profi ist.“
Deutlich wird aber auch, dass keineswegs alles so neu ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, auch wenn Andrea Römmele sinnvoll zwischen vormodernen - solchen vor dem 2. Weltkrieg - , modernen - solchen zwischen 1945 und 1990 - und professionalisierten Wahlkämpfen differenziert, bei denen letztere wie schon beschrieben unter dem Zeichen der Ausdifferenzierung der massenmedialen Angebote, neuer Möglichkeiten der direkten Kommunikation über das Internet, Direct Mailing und Telemarketing, der Ausrichtung der Wahlkampfinhalte an Marketingvorgaben und eines bewussten Ereignis- und Themenmanagements stehen. Schon Quintus Tullius Cicero aber munitionierte, so erfahren wir, seinen Bruder deutlich vor Christi Geburt mit einem Commentariolum petitionis für den Konsulatswahlkampf im antiken Rom, bei dem insbesondere Empfehlungen für das später in den USA so populäre negative campaigning erste Anregungen erfahren. Anschaulich auch das Zitat von Konrad Adenauer über Willi Brandts Wahlkampf 1961: „Der Wahlkampf der SPD“, so lässt sich da der „Alte“ vernehmen, „ist einfach ein Trick. Sie wollen die amerikanischen Präsidentschaftswahlen kopieren, indem sie einen Mann, nämlich den Herrn Brandt herausstellen. Sie wollen die Sympathie, die Berlin bei uns allen hat, benutzen, um den Regierenden Bürgermeister von Berlin entsprechend herausstellen. Ich glaube, man muß mehr als bisher betonen, dass Parteien gewählt werden und nicht ein Bundeskanzler.“ Personalisierung, Emotionalisierung, Visualisierung, Ereignismanagement und Themenmanagement, das, so Marco Althaus, seien in der Tat alte Techniken mit neuen Schlagworten: „Wirklich neu ist die Verbindung mit High-Tech: satellitengestützter elektronischer Kommunikation, einem schrumpfenden Nachrichtenzyklus und Sofortzugriff auf immense Informationsmengen ... Das Tempo wird schneller, der Stil härter, die Methoden direkter.“ Und immer bilderreicher! Martin Gerster „Wer seine Botschaft platziert haben will, kann auf Bilder nicht verzichten. Mehr noch: Ohne Bilder gibt es praktisch keine Botschaft, keine richtige Kampagne. Bilder haften im Gedächtnis. Sie zu löschen, fällt schwer. Starke Bilder wirken auf Medienleute wie ein Magnet. Das gilt besonders für das Fernsehen, wo bei Redaktionskonferenzen eine Frage immer ganz oben steht; nämlich die, ob das Thema Bilder `hergibt.´“.
Neu sind natürlich auch einige Rahmenbedingungen der Kommunikation, wie zum Beispiel die nachlassende Loyalität und Bedeutung von Stammwählern, der verhärtete Kampf um die politische Mitte mit ähnlichen inhaltlichen Angeboten der beteiligten Parteien und ein völlig veränderter Medienmarkt mit seinen pro Sekunde gemessenen Einschaltquoten und seinem Unterhaltungsimperativ. Da liegt es nahe, neben inhaltlichen „Alleinstellungsmerkmalen“ – der berühmten `Unique selling proposition´ der Werber – nach emotionaler Alleinstellung zu suchen und die Menschen bloß nicht zu langweilen. Unter den Bedingungen der Mediendemokratie, so Matthias Machnig, brauchten Parteien “vor allem ein Gesicht (Personifizierung), denn Personen stehen für Kontinuität, Orientierung, Werthaltungen und vermitteln Vertrauen über Lösungs- und Zukunftskompetenz. Ein Etikett (Botschaften), denn wegen der enormen Komplexität von Sachthemen und konkurrierenden Akteuren kann Politik einem breiten Publikum nur über eine symbolische Kasuistik Themen vermitteln. Ein Aroma (Stilistik), denn Parteien brauchen in der differenzierten Mediengesellschaft Wiedererkennungsmuster. Einen Markenkern (Leitbilder) , denn Werte und Leitbilder sind für die Orientierung, das Vertrauen und die Zustimmung der Menschen wichtiger als einzelne Instrumente, die häufig die politische Debatte beherrschen.” Kein Wunder, wenn in seiner Analyse Unterhaltung Pflicht, Information hingegen Kür wird.
Es bleibt nun, und hier kehrt die Betrachtung an den Anfang zurück, die Abwägung, ob die Kommunikationsmittel längst mehr sind als Instrumente, ob sie es bereits zum Selbstzweck geschafft haben und die Inhalte verdrängen. Richtig erscheint allemal die Analyse von Ulrich Sarcinelli und Alexander Geisler, wenn sie von einem „Publizitätsstress“ der permanenten Kampagne und einem Modernisierungsdilemma sprechen und folgern: „Immer schwerer wird es, politische Alternativen auf politisch-weltanschauliche Differenzen zu gründen. Das Verschwinden politisch-prinzipieller Differenzen zwingt die Parteien zur Dramatisierung politisch marineller (sic!) Differenzen. Zugleich gewinnt die Orientierung an der politischen Seismographie an Bedeutung: Die Ausrichtung der Politikvermittlung an der Logik dieser `Marktdemokratie´, die Orientierung der Darstellungspolitik am Medien- und Meinungsmarkt, die auf eine kontinuierliche Beobachtung und Beeinflussung von Medientenor und Meinungsverteilungen hinausläuft, bringt die Politik – nicht nur in Wahlkampfzeiten – in den zunehmenden Kommunikationsstress eines richtungspolitisch mehr und mehr ausgedünnten Wettbewerbssystems.“ Publizistätsstress aber heißt sicher nicht, dass Parteien künftig auf klare Überzeugungen, ein Bekenntnis zu Werten, eine glaubwürdige Programmatik und Führungsfähigkeit verzichten können. Die erwarten die Wähler nämlich auch im 21. Jahrhundert von ihnen, wenn auch in moderner Verpackung.
Topics
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