Seit 2018 sind in Deutschland eine Fülle von Antisemitismusbeauftragten in den Ländern sowie – auf Aufforderung des Bundestages – auch ein Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung ernannt worden. Die Funktionen wurden – wie für Regierungsbeauftragte typisch – aufgrund eines politischen Interesses eingesetzt und verfügen regelmäßig nur über geringe Kompetenzen. Die Auswirkungen dieser Ämter auf die Rechtspraxis und die Situation der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland sind unterschiedlich und bleiben insgesamt hinter den Erwartungen zurück.
Die Praxis zeigt, dass ein wesentliches Problem bei der Antisemitismusbekämpfung nicht im Fehlen von Gesetzen und Staatszielbestimmungen, sondern im mangelnden Gesetzesvollzug besteht. Es kommt also entscheidend auf den Vollzug der Gesetze an, wobei es nicht nur um den Vollzug durch die Exekutive, sondern auch durch die Judikative geht. Deshalb sollte das Amt des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung durch das des Antisemitismusbeauftragten des Bundestages ersetzt und nach dem Vorbild des Wehrbeauftragten des Bundestages ausgestaltet und verfassungsrechtlich verankert werden, um auf die tatsächliche Bekämpfung des Antisemitismus umfassend Einfluss nehmen zu können.
Die Bekämpfung des Antisemitismus sollte als Staatsaufgabe in das Grundgesetz aufgenommen und so besonders geschützt werden. Bei der Antisemitismusbekämpfung kommt es besonders auf die Kontrolle und die Einwirkung auf die Gesetzesanwendung an. Deshalb sollte auf Verfassungsebene das neue Amt des Beauftragten für Antisemitismusbekämpfung des Bundestages geschaffen werden. Das Amt des Bundestagsbeauftragten sollte das Amt des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung ersetzen. Mit der Einsetzung durch den Bundestag gewinnt der Beauftragte eine stärkere demokratische Legitimation und wechselt von einer intern beratenden und koordinierenden Rolle in der Regierung in diejenige einer parlamentarischen Kontrolle der Exekutive. Das Amt sollte analog zur Funktion des Wehrbeauftragten des Bundestages nach Artikel 45d Grundgesetz und dem Wehrbeauftragtengesetz ausgestaltet werden.
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Über diese Reihe
Die Reihe informiert in konzentrierter Form über Analysen der Konrad-Adenauer-Stiftung zu relevanten aktuellen Themen. Die einzelnen Ausgaben stellen zentrale Ergebnisse und Empfehlungen eigener und externer Expertinnen und Experten vor, bieten Kurzanalysen von rund fünf Seiten und nennen KAS-Ansprechpartnerinnen.