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Länderberichte

Ergebnisse der Europawahl in Brandenburg

Die CDU hält den zweiten Platz im Land, die AfD wird stärkste Kraft

Eine erste Auswertung der Wahl zum Eurpaparlament in Brandenburg

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Drei positive Nachrichten zuerst: Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl ist in Brandenburg um 12,8 % gestiegen von 46,7 % auf 59,5 %, die CDU konnte ihren zweiten Platz behaupten und stellt wie bisher mit Dr. Christian Ehler einen von drei Brandenburger Europaabgeordneten.

Die schlechte Nachricht: Die CDU verlor 7 %, also mehr als ein Viertel ihrer Stimmen, und erreichte nur noch 18 %. SPD (-9,7 %) und Linke (-7,3 %) verloren noch mehr und landen mit 17,2 % (SPD) und 12,3 % (Linke) nur mehr auf dem dritten und vierten Platz. Eindeutiger Wahlgewinner ist die AfD, die 11,5 % dazu gewann, sich von 8,5 % auf 19,9 % verbesserte und damit europapolitisch nun die stärkste Kraft in Brandenburg ist. Zu den Gewinnern gehören aber auch die Grünen mit 12,3 %, die ihr Wahlergebnis verdoppeln konnten (+6,2 %), sowie die FDP, die auf 4,4 % (+2,3 %) kam. Das Feld der zahlreichen anderen Parteien wuchs von 11,7 auf 15,9 %.

Die AfD gewann in zwei kreisfreien Städten: in Cottbus (24,6 %) und Frankfurt/O (20,7 %) sowie in zehn von 14 Landkreisen: in Barnim (19,7 %), Dahme-Spreewald (20,8 %), Elbe-Elster (24,7 %), Märkisch-Oderland (21.1 %), Oberhavel (wie auch die CDU 18,7 %), Oberspreewald-Lausitz (26,5 %), Oder-Spree (22,3 %), Spree-Neiße (30,9 %), Teltow-Fläming (19,3 %) und in der Uckermark (20,8 % wie die CDU). Sechs dieser Kreise inklusive Cottbus liegen im Süden des Landes, je drei im Osten und Norden. Die CDU wurde immerhin in Brandenburg/Stadt (19,6 %) und fünf Kreisen stärkste Kraft: im Havelland (19,7 %), in Oberhavel (18,7 % wie die AfD), Potsdam-Mittelmark (19,4 %), in der Prignitz (21,2 % wie die SPD) und in der Uckermark (20,8 % wie die AfD). Die SPD, die lange in Brandenburg dominierende Kraft, lag nur in zwei Kreisen im Nordwesten des Landes an erster Stelle: in Ostprignitz-Ruppin mit 20,5 % knapp vor der CDU mit 20,4 % sowie in der Prignitz gleichauf mit der CDU mit 21,2 %. Die Grünen, traditionell eher schwach im Land, lagen in der Landeshauptstadt Potsdam mit 23,2 % vorne.

War dieses Wahlergebnis so zu erwarten? Ja und nein. Nein, denn der Wahlkampf lief relativ ruhig, weitgehend ohne großartige Dramatisierung einzelner Fragen. Er wurde zudem durch die Kommunalwahlen im Land und die Bundespolitik überlagert. Die Europa-Kandidaten waren wohl gleichermaßen wenig bekannt. Ein SPD Kandidat, der bei seinem Lebenslauf schummelte, musste die Segel streichen. Die Grüne-Spitzenkandidatin, die aus Brandenburg stammende Ska Keller, war häufiger im Fernsehen zu sehen. In den Medien gab es keine grundsätzlichen inhaltlichen Debatten über Europapolitik. Vor „rechten Populisten“ und „Europaskeptikern“ wurde oft einvernehmlich öffentlich gewarnt. Sie wurden draußen vor gehaltenund und waren im herkömmlichen Wahlkampf kaum anzutreffen.

Doch was sich unter dieser sichtbaren Oberfläche der veröffentlichten Meinung und es öffentlichen Disputs unter weitgehendem Ausschluss der nun stärksten Partei tat, war schwer einzuschätzen. Denn wie gerade eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach darlegte (FAZ vom 23.5.2019, S. 12), sieht mittlerweile eine große Mehrheit – im Osten mehr noch als im Westen - den öffentlichen Raum für die Meinungsfreiheit derart eingeschränkt, dass sie sich oft nur noch im privaten Kreis freier äußert und da bekommt man mitunter einiges zu hören. Bekannt waren zudem die Umfragen in Brandenburg, nach denen die AfD schon seit einiger Zeit bei rund 20 % auf Augenhöhe mit SPD und CDU rangierte, was auch für die Europawahl einiges erwarten ließ.

Eine „Klimawahl“, wie sie in weiten Teilen der Republik von den Grünen apostrophiert, war die Wahl in Brandenburg nur am Rande und dann teilweise auch in einem ganz anderen Sinn, nämlich bedingt durch die Folgen des Kohleausstiegs in der Lausitz. Dort erhielt die AfD in den Kreisen Spree-Neiße mit 30,9 %, in Cottbus mit 24,6 %, Oberspreewald-Lausitz mit 26,5 % und Elbe-Elster mit 24,7 % ihre besten Ergebnisse.

Einzelne Äußerungen wie sie hier und da dann doch dokumentiert werden, geben weitere Anhaltspunkte für das Wahlergebnis. „Die oben sprechen nicht mehr mit denen unten“, sagte ein Mann aus dem Süden Brandenburgs am Wahlabend im RBB-Fernsehen. Und der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte analysierte: im Osten fühlten sich offenbar viele nicht richtig zugehörig und berücksichtigt. Hier weisen die bisher tonangebenden Volksparteien im Osten: SPD, CDU und Linke gleich zwei offene Flanken auf: sie schaffen es bisher nicht ausreichend, die Belange dieser Leute wahrzunehmen und darauf einzugehen und sie haben keine überzeugende Antwort auf die von anderer Seite propagierte drohende Klimakatastrophe. So verlieren sie gleich nach zweiten Seiten Stimmen und geraten in die Zwickmühle zweier gesellschaftspolitscher Großkonflikte, der Klima-Frage mit ihren fundamentalen ökologischen, aber auch gesellschaftlich-sozialen Folgen einerseits und einer Nationalstaatsperspektive andererseits, in der unter dem Druck von Globalisierung, Migration, Europäisierung und vielleicht bald auch ökonomisch engerer Spielräume die Frage nach Souveränität, eigener Kultur und eigener Sorge in neuer Weise gestellt wird. AfD und Grüne vertreten diesbezüglich völlig gegensätzliche, aber in den Augen ihrer jeweiligen Sympathisanten stimmige Haltungen. Das führe so der Politologe Werner Patzelt zur immer weiteren Umschichtung unseres Parteiensystems, solange SPD und CDU am „Weiter so“ ihrer Politik festhielten.

Die Wahlergebnisse in Brandenburg finden Sie hier:

https://wahlergebnisse.brandenburg.de/wahlen/EU2019/auszahlungsstand.html

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Stephan Georg Raabe

Stephan Georg Raabe bild

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Brandenburg

Stephan.Raabe@kas.de +49 331 748876-0 +49 331 748876-15

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