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IMAGO / ZUMA Press Wire

Länderberichte

Flagge zeigen in Washington

von Dr. Hardy Ostry, Jan Bösche

Der erste Besuch von Bundeskanzler Merz bei Präsident Tump

Friedrich Merz ist zu seinem ersten Besuch als Bundeskanzler nach Washington gekommen: Nach einer Nacht im Gästehaus des Präsidenten gab es das erste persönliche Treffen mit Präsident Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses. Merz sagte anschließend, es „war eine gute Gesprächsatmosphäre“. In den US-Medien und in der breiten Öffentlichkeit wurde das deutsch-amerikanische Treffen ebenfalls positiv bewertet.

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Ukraine-Krieg im Mittelpunkt

Das erste persönliche Aufeinandertreffen von Bundeskanzler Merz und Präsident Trump war mit Spannung erwartet worden, weil Trump bei solchen Treffen vor laufender Kamera durchaus konfrontativ werden kann. In diesem Fall war von Konfrontation aber nichts zu spüren. Trump begrüßte den Kanzler im Oval Office, das „in einer sehr guten Verfassung ist.“ Sie hätten Dinge gerne „tipptopp in Ordnung, so wie in Deutschland“.  Kanzler Merz überreichte seine Gastgeschenke, eine Kopie der Geburtsurkunde von Trumps Großvater in einem goldenen Rahmen und einen Golfschläger. Trump revanchierte sich mit Lob für Merz‘ Verhandlungsgeschick und seine Englischkenntnisse. Merz sei ein großartiger Repräsentant seines Landes, ein „World Leader“.

Der Teil des Gespräches, der vor laufenden Kameras im Oval Office geführt wurde, drehte sich hauptsächlich um den Ukraine-Krieg. Kanzler Merz erinnerte an den D-Day am 6. Juni 1944, an dem die USA das Ende des zweiten Weltkrieges eingeläutet hatten. Amerika sei jetzt wieder in einer starken Position, einen Krieg zu beenden. Merz betonte immer wieder, dass sie beiden den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich beenden wollten – und machte klar, dass der Krieg von Russland begonnen wurde. Während Russland auch Zivilisten angreife, beschränkte sich die Ukraine auf militärische Ziele.

Präsident Trump bedauerte wiederholt die vielen Opfer auf beiden Seiten, erwähnte aber auch die Zerstörungen von Kulturgut in der Ukraine. Merz sagte, Trump sei die zentrale Person, um den nötigen Druck auf Russland auszuüben. Trump wollte sich darauf nicht festlegen, er verglich die Situation mit zwei sich prügelnden Kindern, die man manchmal noch länger kämpfen lassen müsse, bevor man sie auseinanderhalte. Er betonte aber, er wolle nicht als Freund Russlands gesehen werden. Trump erinnerte daran, dass er in seiner ersten Amtszeit Druck ausgeübt habe, den Bau der Gaspipeline Nordstream 2 zu beenden. Auch Merz hatte sich gegen das Projekt ausgesprochen und bestätigte, die Pipeline sei ein Fehler gewesen.

Der amerikanische Präsident lobte ausdrücklich die deutschen Anstrengungen, die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Er scherzte, General MacArthur aus dem zweiten Weltkrieg hätte eine deutsche Wiederaufrüstung vielleicht abgelehnt, aber er selbst denke, sie sei gut.

Der Präsident dominierte den öffentlichen Teil des Treffens, was auch an Fragen der Reporter lag, die sich besonders auf innenpolitische Themen konzentrierten. Vor allem der Konflikt zwischen Trump und seinem früheren Berater Elon Musk beschäftigte das politische Washington sehr.

Nach dem Treffen sagte Bundeskanzler Merz, während des anschließenden Mittagessens hätten sie auch über Themen wie Zölle und Wirtschaftspolitik gesprochen. Er habe versucht, Trump zu erläutern, wie die Europäische Union zustande gekommen ist. Sie hätten auch in Wirtschaftsfragen eine enge Zusammenarbeit zwischen Weißem Haus und Kanzleramt vereinbart. Merz verwies darauf, dass er Trump in Kürze bei den G7 und der NATO wiedersehen werde. Sein Besuch im Weißen Haus habe ein Fundament gelegt für „gute persönliche, aber auch politisch zielführende Gespräche“.

 

Reaktionen in den USA

Eine Chance, die Allianz von USA und Deutschland neu zu starten – so groß waren die Erwartungen an das Treffen, unter anderem formuliert von Peter Rough vom konservativen Hudson Institute. Merz verkörpere, was Trump seit seinem Amtsantritt von Europa fordere: „Eine Führungspersönlichkeit, die die Macht und den Willen hat, das Bündnis neu auszurichten.“ Trump dürfe nicht ignorieren, dass nur Deutschland die Macht habe, Europa zu einem selbstbewussten Akteur zu machen, der Russland abschrecken könne. Außerdem wolle Merz Deutschlands Wirtschaftskraft in strategische Stärke umwandeln, was Trump sicher zu schätzen wisse. Wenn der Präsident wolle, gebe es eine Chance für eine produktive deutsch-amerikanische Partnerschaft.

Der Präsident war offenbar dazu bereit, denn nach dem Treffen kommentierte das Wall Street Journal: „Trumps neuer Freund in Deutschland“. Es sei eine Erleichterung gewesen, dass das Treffen mit Bundeskanzler Merz gut verlief. In der Sache sei der Besuch frei von Überraschungen gewesen – wichtiger sei aber die Stimmung. Deutschland sei Europas größte Volkswirtschaft, ein Dreh- und Angelpunkt des nordatlantischen Bündnisses und ein wichtiger Wirtschaftspartner der USA, so die Zeitung, die Vizepräsident J.D. Vance für seine Deutschland-kritische Rede bei der Münchener Sicherheitskonferenz kritisierte: „Der Präsident und der Bundeskanzler scheinen einen Teil des Schadens repariert zu haben, den Vizepräsident J.D. Vance einem der wichtigsten Bündnisse der USA unnötigerweise zugefügt hat.“ Die Trump-Regierung habe die Möglichkeit, eine starke Arbeitsbeziehung zu Berlin aufzubauen. Meinungsverschiedenheiten seien unvermeidlich, aber diese Beziehung sei zu wichtig für einen Überbietungswettbewerb. „Trump scheint das zu erkennen, und Herr Merz auch. Vielleicht ist dies der Beginn einer produktiven, wenn auch nicht immer schönen Freundschaft.“

Die Abwesenheit von Konflikt sei ein Gewinn, meinte Jackson Janes vom German Marshall Fund. Gleichzeitig warnte er: „Ob diese erste Begegnung für Trump und Merz eine Basis bleibt, auf der sie ihre im Oval Office geknüpfte Beziehung weiter ausbauen können, ist so ungewiss wie der Präsident selbst unberechenbar ist." Die anstehenden Herausforderungen seien weitaus schwieriger als ein kurzes Kennenlernen: „Rapport ist keine Garantie für die Lösung schwieriger Fragen. Aber es ist ein Anfang."

Die New York Times bemerkte, der deutsche Bundeskanzler habe den Trump-Code geknackt, „aber mit welchem Ziel?“ Merz sei ohne einen definitiven, politischen Erfolg abgereist. Trump habe keine weiteren Waffen oder Hilfen für die Ukraine angeboten und es habe auch keinen handelspolitischen Durchbruch gegeben. Die Zeitung schildert, wie Trump während des Treffens versucht habe, den Eindruck zu zerstreuen, er sei mit Russland übermäßig befreundet: Trump sagte, er sei mit niemandem befreundet – wendete sich dann zu Merz und sagte, er sei mit ihm befreundet. In dem Moment sei klar gewesen, dass der Bundeskanzler „seinen Test mit dem unberechenbaren amerikanischen Präsidenten bestanden hatte, der andere internationale Würdenträger beschimpft und in der Vergangenheit keinen Hehl aus seiner Antipathie gegenüber den Regierenden Deutschlands, seiner angestammten Heimat, gemacht hatte.“

Frederick Kempe, Präsident des Atlantic Councils, fokussierte sich auf Merz' Erwähnung des D-Day, der das Ende des zweiten Weltkriegs markierte: „Was dann kam, war die wichtigste Botschaft, die US-Verbündete an die Trump-Administration senden können", weil ein weiteres kriminelles Regime die Entschlossenheit der Verbündeten auf die Probe stelle. Merz sagte, die Deutschen wüssten, was sie den Amerikanern verdankten. Darum könne er sagen, dass Amerika wieder in einer sehr starken Position sei, diesen Krieg zu beenden. Kempe hob hervor, dass Merz für eine Aufrechterhaltung des Drucks auf Russland plädierte und die Schuld für den Krieg eindeutig benannte. Es lohne sich, „dem D-Day-Appell des deutschen Bundeskanzlers genauer zuzuhören, dass es noch viel mehr Druck der USA auf Russland braucht, um diesen europäischen Krieg zu beenden".

Das Magazin Politico beobachtete, dass Merz einen Eklat im Oval Office vermieden habe.  Er habe sich respektvoll verhalten, um eine „peinliche Konfrontation“ zu vermeiden, wie sie bei anderen Besuchen von Staatsoberhäuptern auf der ganzen Welt vorgekommen sei: „Es schien zu funktionieren.“ Trump habe Merz als einen „sehr guten Mann“ bezeichnet, mit dem man gut zusammenarbeiten könne und äußerte sich optimistisch, dass er schließlich „ein gutes Handelsabkommen“ mit der Europäischen Union abschließen werde.

Der Wirtschaftssender CNBC titelte, das Treffen sei von dem Drama zwischen Trump und Musk beherrscht worden, „doch der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz ging mit einem Sieg nach Hause“. Der Sender zitierte Carsten Brzeski von der Bank ING, mit den Worten „im Abseits zu stehen sei nicht unbedingt immer etwas Schlechtes“. Es könne Merz sogar geholfen haben, da die Ablenkung durch Musk auch die Aufmerksamkeit von kontroverseren Themen abgelenkt habe: „Eine Eskalation im Oval Office vermieden zu haben, ist in diesen Tagen schon eine Leistung“, so Brzeski.

Die Washington Post analysierte Trumps Verhältnis zu den Verbündeten, mit denen in diesem Monat zahlreiche Treffen anstehen. Bundeskanzler Merz habe ein neues Zeitalter der Zusammenarbeit mit Trump eingeleitet, indem er versprach, die „rückständigen Verteidigungsausgaben“ zu erhöhen. Die Zeitung erinnerte an das Verhältnis von Trump zu Angela Merkel und bemerkte nach dem Treffen mit Merz: „Angesichts des angespannten Verhältnisses zwischen Trump und Merkel zeichnete sich das Treffen durch seine Freundlichkeit aus.“

In der New York Times nahm die Filmkritikerin Lisa Schwarzbaum Merz' Besuch zum Anlass, Trumps außenpolitische Treffen mit seiner Vergangenheit als Reality TV-Star zu vergleichen. Was traditionell unauffällige und hoch choreografierte Veranstaltungen gewesen seien, sei von Trump als Live Event neu erfunden worden. Kanzler Merz habe dabei ein ausgeprägtes Gespür dafür bewiesen, sich zu behaupten und bei seinem Besuch im „vergoldeten Zoo des Oval Office" unbeschadet davonzukommen. Das Treffen zwischen Trump und Merz sei kein Reality-TV-Spektakel gewesen, weil Merz zu gewandt gewesen sei: „Stattdessen spielte es sich ab wie die Begegnung eines kühlen, intelligenten Außenseiters, der die Kräfte und Schwächen eines beeindruckenden Artgenossen abschätzt, der sich selbst als Spitzenprädator sehen muss."

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Leiter des Auslandsbüros Washington, D.C.

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