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Biotechnologie und Gentechnologie

Biotechnologie und Gentechnologie

Innovationspotenziale – Chancen versus Risiken: Wozu brauchen wir Bio- und Gentechnik?

Es wäre vermessen und ein großer Fehler zu behaupten, die Gentechnik allein werde alle diese Probleme lösen. Keineswegs kann sie das! Immerhin wird sie aber einige der Zusammenhänge, auf denen die genannten Schwierigkeiten beruhen, besser erklären können und damit zu ihrer Beherrschung oder Beseitigung beitragen.

Ernst-Ludwig Winnacker, Biochemiker und Wissensmanager

Warum ist Biotechnologie ein wichtiges gesellschaftliches Thema?

Bio- und Gentechnologie gehören zu den innovativen Querschnittstechnologien. Sie haben ein hohes wirtschaftliches Potenzial und sie können uns helfen, drängenden Herausforderungen zu begegnen. Wie müssen sie gefördert werden? Welche Rahmenbedingungen sind für eine verantwortliche Nutzung notwendig? Und: Wo liegen Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen?

Bio- und Gentechnologie ist nicht nur ein Thema für Fachleute, es geht uns alle an. Wissenschaft und Forschung tragen Verantwortung für die Gesellschaft. Politik und Gesellschaft gestalten den wissenschaftlichen Fortschritt mit.

 

Was ist Biotechnologie?

In der Biotechnologie werden Organismen (z. B. Bakterien, Pilze, Zellkulturen) bzw. ihre Bestandteile (z. B. Enzyme, andere Proteine usw.) für technische Prozesse verwendet. Die Gentechnologie ist ein neuer und besonders innovativer Bereich, der auf der Erforschung, der gezielten künstlichen Veränderung und der Nutzung von DNA basiert (DNA = Erbsubstanz). DNA-basierte Forschung ist die wichtigste Grundlage für die Bio- und Gentechnologie mit dem größten Innovationspotenzial.

 

Was ist alt, was neu?

Schon sehr früh in der Menschheitsgeschichte wurden Mikroorganismen genutzt – Bier, Käse, Sauerteig, aber auch Penicillin sind bekannte Bespiele dafür. Richtig innovativ wurde die Biotechnologie aber erst in den 1960er Jahren, als es gelang, die Erbsubstanz von Lebewesen gezielt zu verändern. Genetik, Molekularbiologie und Zellbiologie führten zu einer enormen Dynamik, die bis heute anhält.

 

Welche Anwendungsfelder gibt es?

Die DNA und der genetische Code sind (fast) allen Lebewesen gemeinsam. Aufgrund der Entwicklung ausgefeilter Methoden, DNA exakt zu analysieren und gezielt zu verändern, ergeben sich sehr weite Anwendungsbereiche:

  • Gesundheit („rote“ Bio-/Gentechnologie): biologisch-medizinische Grundlagenforschung; medizinische Diagnostik und Therapie; Medikamente, Impfstoffe, Antibiotika, Hormone;
  • Industrie („weiße“ Bio-/Gentechnologie): F&E und Produktion von biogenen Substanzen: Nahrungsergänzungsmittel (z. B. Vitamine), technisch nutzbare Enzyme (z. B. Waschmittel), neuartige biogene Energieträger (Ersatz für fossile Energieträger), Bio-Kunststoffe;
  • Landwirtschaft/Ernährung („grüne“ Bio-/Gentechnologie): Züchtungsforschung, Pflanzen- und Tierzucht.

 

Welche Ziele werden verfolgt?

Bio- und Gentechnologie kommen zum Einsatz, um

  • die biologischen Prozesse besser zu verstehen;
  • Krankheiten zu bekämpfen (Krebs, Infektionskrankheiten, Erbkrankheiten, Seltene Erkrankungen, altersbedingte Krankheiten);
  • die Ernährung zu sichern und zu verbessern (Verbesserung der Lebensmittelqualität, Veränderung agronomischer Merkmale);
  • neue Ressourcen (einschließlich Energiequellen) zu erschließen (Effizienzsteigerung, Bio-Materialien);
  • den Umweltschutz zu verbessern (Umweltanalytik, umweltschonende Produkte und Verfahren, Bioökonomie).

Bio- und Gentechnologie sind keine „Wundermittel“, ihre Chancen und Risiken müssen nüchtern und sachlich abgewogen werden, aber sie spielen bei der Bewältigung der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, eine wichtige Rolle.

Wirtschaftlich sind sie in den o. g. Bereichen unverzichtbar und zählen damit zurecht zu den innovativen Zukunftstechnologien.

Die Forschung (vgl. z. B. PCR, CRISPR/Cas, iPS-Zellen, NGS, Genomics) treibt die Entwicklung an und hält die Innovationskraft auf hohem Niveau.

 

Was ist gesellschaftlich relevant?

Die Corona-Pandemie hat erneut den Bedarf an bio- und gentechnologischen Innovationen und die große Leistungsfähigkeit dieser High-Tech-Branche prägnant vor Augen geführt: Sämtliche Sars-CoV-2-Diagnostika, -Therapeutika und -Impfstoffe (nicht nur die neuartigen RNA-Vakzinen) sind ohne Bio- und Gentechnologie undenkbar. Sowohl im klinischen als auch im pharmazeutischen Bereich wurden die Problemlösungs- und die Innovationspotenziale deutlich.

Besonders bemerkenswert ist die enge Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung (z. B. Virologie, Molekularbiologie), kleinen innovativen Biotech-Unternehmen und großen Pharma-Firmen: Die Grenzen zwischen (Grundlagen-) Forschung und (wirtschaftlicher) Anwendung verschwimmen.

In der Corona-Krise wurde auch der politische Regelungsbedarf deutlich: F&E-Förderung (finanziell und strukturell), Rahmenbedingungen für innovierende Unternehmen; ebenso rechtlich-ethische Fragen, mit denen sich die Gesellschaft im Zusammenhang mit Bio- und Gentechnologie auseinandersetzen muss (biologische Sicherheit, soziale Gerechtigkeit, ethisch-rechtliche Zulässigkeit).

 

Über was muss diskutiert werden?

Im Zusammenhang mit Bio- und Gentechnologie stellen sich folgende gesellschaftspolitische Fragen, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung thematisiert werden:

  • Welche großen Herausforderungen gibt es, die durch Bio- und Gentechnologie gelöst werden können? Wo können sie helfen? Wo nicht?
  • Welche wirtschaftlichen Potenziale haben Bio- und Gentechnologie?
  • Wie ist der Stand der Bio- und Gentechnologie in Deutschland im Vergleich zu anderen High-Tech-Standorten weltweit?
  • Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um Bio- und Gentechnologie zu stärken?
  • Wo gibt es Risiken?
  • Welche gesellschaftlichen Aspekte müssen berücksichtigt werden?
  • Wo liegen rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen?

 

Warum müssen Bio- und Gentechnologie wieder in den Fokus rücken?

Vor allem die COVID-19-Pandemie hat dazu beitragen, dass durch die Sars-CoV-2-Diagnostika, -Therapeutika und -Impfstoffe, die ohne Bio- und Gentechnologie nicht denkbar wären, das Thema bio- und gentechnologische Innovationen wieder stärker in das Blickfeld der Politik, Ökonomie, Gesellschaft und Öffentlichkeit geraten ist.

Im Zusammenhang mit dem rasanten Fortschritt in Bio- und Gentechnologie und vor dem Hintergrund der sich wandelnden Rahmenbedingungen braucht Deutschland eine „Biotech-Strategie“. Es geht also um die Frage, wie wir Bio- und Gentechnologie verantwortungsvoll nutzen können.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung greift all diese wichtigen Fragen und Aspekte auf dieser Themenseite auf. Hier finden Sie immer wieder neue Hintergrundinformationen in Form von Studien, aktuelle Nachrichten und Veranstaltungen zu diesem wichtigen Zukunftsthema.


Projekt zum Embryonenschutzgesetz

Familie, Partnerschaft, Kinderwünsche und Fortpflanzung unterliegen einem gesellschaftlichen Wandel. Das Embryonenschutzgesetz regelt die wichtigsten Aspekte des Embryonenschutzes und der Fortpflanzungsmedizin. Es ist nun über 30 Jahre alt und bedarf nach Einschätzung vieler Fachleute einer Überarbeitung. Denn es entspricht in vielen Punkten nicht mehr dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung. Und es wird den Bedürfnissen betroffener Menschen nicht mehr gerecht. Vor diesem Hintergrund möchten die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Konrad-Adenauer-Stiftung eine fachlich fundierte, gesellschaftliche Diskussion über eine Neuregelung der Fortpflanzungsmedizin anregen.

Gemeinsame Diskussionsplattform

 

Fortpflanzungsmedizin ist nicht nur ein medizinisches Thema, sondern betrifft viele gesellschaftliche, ethische und rechtliche Aspekte. Welche aktuellen Probleme gibt es? Wo bedarf es einer Neuregelung? Wir hatten alle Betroffene und Interessierte eingeladen, ihre Positionen, Erfahrungen und Meinungen in die Debatte einzubringen. Der Zeitraum der Beteiligung an der Diskussion ist Ende Januar 2022 abgelaufen.

 

Mehr erfahren über die Plattform und den weiteren Ablauf


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21. Juni 2021
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