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Nueva Mayoría

von Reinhard Willig, Dr. Manuel Paulus

Deutlicher Sieg von Michelle Bachelet bei Stichwahlen in Chile

Nachdem in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 17. November keiner der Kandidaten die notwendige absolute Mehrheit der Stimmen erreicht hat, wurden am 15. Dezember Stichwahlen zwischen den beiden erstplatzierten Kandidatinnen abgehalten. Dabei konnte die Kandidatin der sogenannten Neuen Mehrheit (Nueva Mayoría) ihre Wahlsiege fortsetzen und schaffte mit 62,16% der Stimmen den Einzug in den Präsidentenpalast La Moneda.

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Michelle Bachelet konnte ihre Siegesserie fortsetzen und ihre große Beliebtheit in einen souveränen Sieg verwandeln. Es handelt sich um das deutlichste Ergebnis einer chilenischen Präsidentin in einer Stichwahl. Bereits in den Vorwahlen am 30.6. Juni hatte Bachelet doppelt so viele Stimmen auf sich vereinigt, wie das rechte Lager und so sahen die Umfragen diesen Sieg schon frühzeitig vorher. In der Folge hatte die Kandidatin große Mühe, unentschiedene Wähler für den insgesamt dritten Wahlgang in diesem Jahr, nach den Vorwahlen im Juni und der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen vom November, zu mobilisieren.

Die unterlegene Kandidatin Evelyn Matthei gestand ihre Niederlage ein, verband jedoch ihre Glückwünsche an die gewählte mit der Mahnung, dass diese sich nun um die drängenden Probleme des Landes kümmern müsse. Die Parteiführer der künftigen Oppositionsparteien haben bereits angekündigt, die neue Regierung kritisch zu begleiten, sich jedoch nötigen Reformen nicht grundsätzlich zu versperren.

Regierung mit klarer Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses

Mit dem deutlichen Sieg des Mitte-Links-Lagers in den vorangegangenen Kongresswahlen vom 17. November 2013 hat die Nueva Mayoría eine gute Ausgangslage für die Regierungsbildung, für die nun über drei Monate Zeit zur Verfügung stehen, sowie die Umsetzung ihrer Programmatik. Erst am 11. März 2014 darf die ehemalige Präsidentin den Amtseid im Kongress von Valparaíso ablegen und ihr Kabinett einführen. Bislang hat es Bachelet erfolgreich vermieden, sich durch Personalentscheidungen festzulegen. Jedoch wird allseits erwartet, dass sie viele neue Gesichter vorstellen wird, um dem von ihr versprochenen Politikwechsel Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Die christdemokratische Partei (PDC) stellt die größte Fraktion des künftigen Regierungslagers. Sie wird die Besetzung einiger wichtiger Ministerien (Wirtschaft, Internationale Beziehungen, Infrastruktur) anstreben, um in der Regierung wichtige Akzente zu setzen.

Unklar ist bislang, ob die kommunistische Partei (PC) an der Regierung beteiligt wird. Diese hatte bei den Parlamentswahlen am 17. November insgesamt sechs Abgeordnetenmandate errungen. Allerdings sind darunter auch Personen wie die ehemalige Anführerin der Studentenproteste, die bislang eine deutlich systemkritische Position eingenommen hatte. Viele Beobachter vermuten, dass die PC mit einem Bein in der Regierung, mit dem anderen auf der Straße auftreten würde. Eine Einbindung in tatsächliche Verantwortung würde die Handlungsspielräume des Protestes deutlich einschränken. Eine Entscheidung der PC über ihre künftige Strategie steht noch aus.

Geringe Wahlbeteiligung und Themen der neuen Regierung

Mit Sorge wird die geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Seit einer Wahlrechtsreform im Jahr 2012 ist die Stimmabgabe nunmehr freiwillig. In der Folge ist es den Parteien und Kandidaten sehr schwer gefallen, die Bürger zu mobilisieren. Bei allen Wahlen seit der Reform lag die Beteiligung unter 50% und auch in absoluten Zahlen hat das Interesse deutlich nachgelassen. Mit knapp über 40% liegt die Beteiligung nun auf einem historischen Tiefststand.

Bachelets Sieg hat somit trotz des eindeutigen Ergebnisses einen deutlichen Schönheitsfehler. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Chilenen die Demokratie als Regierungsform unterstützt, setzt sich dies nicht unbedingt in Unterstützung für Parteien und staatliche Institutionen um. Bereits im Wahlkampf hatte Bachelet darauf Bezug genommen und sich in ihrem Regierungsprogramm die Forderung nach einer neuen Verfassung zu Eigen gemacht. Kernstück soll dabei eine Abschaffung des sogenannten binominalen Wahlrechtes sein, welches die Repräsentation im Parlament stark verzerrt.

Allerdings sind die parlamentarischen Hürden für eine neue Verfassung so hoch, dass das zukünftige Regierungslager auf eine nur schwer umsetzbare Kooperation mit der Opposition angewiesen ist. Eine Initiative von Christdemokraten und Renovación Nacional hat bereits im Oktober einen entsprechendes Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht. Ob diese punktuelle Kooperation aber auch in der neuen Legislatur und unter Führung von Michele Bachelet fortgesetzt werden kann, ist fraglich.

Weitere Themen der neuen Regierung werden in Reaktion auf die Studentenproteste der letzten Jahre eine Reform des Hochschulwesens, sowie eine Steuerreform und Korrekturen in der staatlichen Sozialpolitik sein. Für die ersten 100 Tage ihrer Regierung hat das Kommando der siegreichen Kandidatin 50 Sofortmaßnahmen angekündigt, darunter die Einführung einer staatlichen Krankenversicherung und die Abschaffung von Steuerprivilegien für große Firmen.

In den Tagen vor der Stichwahl sind Verhandlungen der Fraktionen im Abgeordnetenhaus bekannt geworden, nach denen voraussichtlich Aldo Cornejo (PDC) den Vorsitz der zweiten Kammer übernehmen wird.

Mit der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes zum Seegrenz-Konflikt mit Peru, die für den 27. Januar 2014 angekündigt wurde und deren Umsetzung, kommt auf die neue Regierung ein weiteres komplexes innenpolitisches Thema zu.

Zeitplan für die Regierungsbildung

Das am 17. November gewählte Parlament wird sich am 11. März 2014 konstituieren und am selben Tag kann dann die Wahlsiegerin ihren Amtseid vor dem Kongress in Valparaíso ablegen.

Dies gibt Michelle Bachelet Zeit für die Verhandlungen ihrer Regierungsbildung und die Entwicklung eines Fahrplans für die ersten Monate ihrer Amtszeit. Zunächst kündigte sie einige Tage des Rückzugs aus der politischen Diskussion an. Währenddessen hat der scheidende Präsident, Sebastian Piñera, den Fahrplan für seinen Abschied bekannt gegeben. Er wird die Monate Januar und Februar nutzen, um sich in verschiedenen Reisen durch das gesamte Land zu verab-schieden, und, so wird spekuliert, die Grundlage für eine mögliche Wiederwahl in vier Jahr vorzubereiten.

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22. November 2013
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Michelle Bachelet (links) und Evelyn Matthei (rechts) | Fotos: Flickr (Evelyn Matthei), Wikimedia (Michelle Bachelet) Fotos: Flickr (Evelyn Matthei), Wikimedia (Michelle Bachelet)

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