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Konrad-Adenauer-Stiftung/Kai-Bodo Schläfke

Veranstaltungsberichte

Warum die eID noch nicht fliegt und die Wallet sicher kommt

Elektronisch Identitäten als Schlüsselfaktor für die Digitalisierung in Verwaltung und Wirtschaft

Eine elektronische Identität (eID) ermöglicht eine sichere digitale Identifikation und Authentifikation für die Bürgerinnen und Bürger aber auch für die Wirtschaft. In einer elektronischen Brieftasche (Wallet) können damit verbunden wichtige Dokumente und Nachweise digital abgelegt und vorgezeigt werden. Die europäische eIDAS-Verordnung sieht vor, diese Funktionen in allen Mitgliedsstaaten verfügbar zu machen. In der Veranstaltungsreihe "forum digital" analysierten Experten die aktuellen Hindernisse und diskutierten die notwendigen politischen Schritte, um die Potentiale von eID und Wallet in Deutschland und Europa nutzbar zu machen.

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Es wurde als gutes Zeichen aufgenommen, dass in dem am Vortag präsentierten Koalitionsvertrag die Themen elektronische Identität (eID) und Wallet expliziert als Projekte der neuen Bundesregierung benannt werden. Denn schon bei seiner Begrüßung zur Veranstaltung „forum digital: Elektronische ID und Wallet“ am 10. April 2025 in Berlin unterstrich Dr. Christoph Brand, Schatzmeister der Konrad-Adenauer-Stiftung, dass es sich bei den elektronischen Identitäten keineswegs um ein digitalpolitisches Nischenthema handelt. Eine eindeutige elektronische Identifizierung ist nicht allein für die öffentliche Verwaltung wichtig, wenn sichergestellt werden soll, mit wem man es zu tun hat. Auch im Bankensektor ist ein „know-your-costomer“ beispielsweise im Kontext der Geldwäsche entscheidend.

 

Umso mehr muss es verwundern, dass, obwohl die Onlinefunktion des Personalausweises schon seit Jahren automatisch freigeschaltet ist, die Nutzerzahlen dieser Funktion weit unter ihrer Verbreitung liegen. Die bisher wenigen Anwendungsfälle, ein eher umständlicher PIN-Rücksetzdienst und wohl auch eine zu geringe Öffentlichkeitsarbeit hat diese Situation in den vergangenen Jahren nicht wirklich verbessert. Mit der europäischen Vorgabe, in den EU-Mitgliedsstaaten bis Ende 2026 nun auch eine elektronische Brieftasche (EUDI-Wallet) zur Verfügung zu stellen, in der wichtige Dokumente wie der Fahrzeugschein, Zeugnisse oder Zertifikate hinterlegt werden können, gibt es nunmehr einen Umsetzungsdruck.

 

Mit dem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion „eIDAS 2.0 - Die Brücke ins Digitale Zeitalter: Sichere digitale Identitäten als Schlüssel einer digitalen Gesellschaft“ vom Mai 2024 sollte, so Dr. Markus Reichel MdB, nicht nur die Bedeutung von eID und Wallet hervorgehoben werden, sondern auch ein Leitbild für die Umsetzung entwickelt werden. eID und Wallet hätten das Potential, zu einer Verwaltungsrevolution beizutragen. Darüber hinaus bekräftigte er die Bedeutung nicht nur für natürliche Personen, sondern hob auch das Potential sicherer elektronischer Identitäten für juristische Personen – sogenannte Organisationsidentitäten – hervor. Diese können nicht nur bei der Kommunikation der Wirtschaft mit der öffentlichen Verwaltung zum Einsatz kommen, sondern auch bei der Absicherung von Lieferketten und im Kontext von Industrie 4.0 Anwendung finden.

 

Den Funktionsumfang einer eID und einer EUDI-Wallet erläuterte Hagen Saxowski, Referatsleiter im Bundesministerium des Innern und für Heimat, nicht nur, um den Unterschied zu bekannten Wallets privater Anbieter auf iOS und Android zu verdeutlichen, sondern um ihr Potential für einen europäischen digitalen Binnenmarkt aufzuzeigen. Über die Deutschland-ID, die die jetzige Bund-ID ersetzen soll, wird durch ein Hardware-Element in der Ausweiskarte eine sichere Identifikation realisiert und dann auch eine Authentifikation, wenn ein Dienst erneut genutzt wird. Eine Wallet dient als Ablage von Nachweisen wie beispielsweise dem Führerschein, dem Fahrzeugschein, Impfnachweisen und soll in allen EU-Mitgliedsstaaten kompatibel sein. Digitale Dokumente können dann bei der Polizeikontrolle in Frankreich ebenso zu Verfügung stehen wie beim Einchecken im Hotel in Polen. Offene Standards, offene Schnittstellen, ein breiter Konsultationsprozess mit europäischen Partnern und eine frühe Vertestung verschiedener Anwendungsszenarien sind entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung.

 

Mit dem Aufbau eines Prototyps wurde die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND beauftragt. Dr.-Ing. Torsten Lodderstedt, Projektleiter EUDI-Wallet bei der SPRIND, erläuterte die Vorteile des aufgesetzten Wettbewerbsverfahren. Denn die Wallet soll hochsicher und zugleich nutzbar für viele Menschen sein. Daher wurde ein breiter Konsultationsprozess mit der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft aufgesetzt, Partner wie das BSI, Fraunhofer ISEC oder die Bundesdruckerei mit an Bord genommen. Der Wettbewerb sorgt für schnelles Lernen im Laufe des Prozesses und damit schon für eine Vorbereitungen zur Inbetriebnahme als Teil des Prozesses. Die Bandbreite der Funktionen macht eine Wallet zu einem komplexen Produkt: on- und offline Identifizieren, Nachweise vorzeigen, Einloggen oder Unterschreiben. Eine stufenweise Implementierung der Funktionen macht die Wallet zu einem evolutionären Produkt. Auch dadurch ist die Einhaltung des Zeitplans nicht gefährdet. Die Städte Leipzig und Dresden sind bereits als Pilotpartner für das Projekt gewonnen worden.

 

Für die Pilotierung auch zwei Landkreise gewinnen zu wollen, versprach Dr. Kay Ruge, Beigeordneter am Deutschen Landkreistag. Denn die Kreise sind wichtige Genehmigungsbehörden zum Beispiel in der Sozial-, Umwelt- oder Bauverwaltung. Eine eID und ein Wallet sollten als Instrument gegen den Fachkräftemangel dienen und zur Erfüllung der Serviceerwartung der Bürgerinnen und Bürger beitragen, um medienbruchfreie Verfahren sicherzustellen. Auch er hob die Bedeutung für die Wirtschaft hervor, denn „Poweruser der Verwaltung sind die Unternehmen“. Es scheiterte bisher nicht am Föderalismus, nicht am guten Willen, aber bis jetzt am schlechten Management zwischen Bund, Länder und Kommunen.

 

Um das Potential für ein Ökosystem um eine eID zu verdeutlichen, bezog sich Roland Heise, Leiter Geschäftsfeld Digitalisation & Data Solutions der Bundesdruckerei-Gruppe, erneut auf das Fehlen von Anwendungsfällen. Aktuell sei beispielsweise in Schleswig-Holstein zu beobachten, dass viele junge Menschen einen Angelschein haben möchten. Sie wollen das Dokument natürlich lieber auf ihrem Smartphone mitführen, als es sich in Papierform einstecken zu müssen.

 

In der Diskussion wurde deutlich, welche politischen Schritte als nächstes unternommen werden müssen. Denn es hilft nicht, nur viel Geld auf ein Problem zu werfen. Es braucht gute Konzepte, bekräftigte Dr. Markus Reichel. Hier ist eine bessere Lösung für den PIN-Rücksetzdienst gefragt, eine klare Übernahme der Steuerung in der Regierung – ob in einem neuen Digitalministerium oder im Innenministerium, eine ausreichende Budgetierung für den Betrieb von eID und Wallet sowie eine gute Vorbereitung der kommunalen Stellen auf die Implementierung. Hagen Saxowski wünschte sich für ein digitales Verfahren zur PIN-Rücksetzung eine Anpassung der EU-Regulierung. In dem Kontext weist Dr. Torsten Lodderstedt auch auf das Risiko der Überidentifizierung hin. Akzeptanzstellen, sogenannte „Relying Parties“ wie Online-Plattformen, die Verwaltung oder ein Carsharing-Service, denen die Dokumente aus der Wallet vorgezeigt werden, müssen sich identifizieren und sollten nur die Daten abfragen dürfen, die für das Verfahren notwendig sind. Das wird in einem öffentlichen Register hinterlegt. Eine daraus folgende Zertifizierung sollte für alle EU-Mitgliedsstaaten jedoch verpflichtend sein und nicht optional. Und natürlich müssen die Themen Registermodernisierung, OZG-Umsetzung und Überprüfung der Schriftformerfordernis einbezogen werden, mahnte Dr. Kay Ruge. Dabei sollte die Schriftformerfordernis eine Ausnahme und nicht die Regel darstellen.

 

Das Podium war sich einig, dass die Wallet auch als eine europäische Antwort auf geopolitische Unsicherheiten zu verstehen ist. Die hohen Sicherheitsanforderungen bei dem Thema müssen aber auch eine Balance von Datenschutz, Nutzbarkeit und Kontrolle ermöglichen. Schließlich sei aber eine Handschrift leichter zu kopieren als eine eID zu kompromittieren.

 

Im Fazit der Veranstaltung wurde ein „Wallet-Gipfel“ mit potenziellen Partnern für ein breiteres Onboarding vorgeschlagen, die Sicherstellung der Finanzierung für den Betrieb angemahnt sowie als Ergänzung zum Ausweisgesetz ein eigenes digitale Identitätengesetz angeregt. Und letztlich braucht die Wallet nach der SPRIND eine neue „Heimstatt“, um sie stetig weiterzuentwickeln.

 

Hier können Sie den vollständigen Mitschnitt der Veranstaltung vom 10. April 2025 sehen.

 

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