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Zeitgeschichte AKTUELL

Die Währungsreform von 1948 und ihre Bedeutung für die Gegenwart

by Prof. Dr. Werner Plumpe
Elfte Ausgabe von Zeitgeschichte AKTUELL

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Dass es 1948 mit einem Kraftakt gelang, die monetäre Schieflage der Nachkriegszeit zu beseitigen und die Basis für einen soliden Wirtschaftsaufschwung zu legen, ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Mit Blick auf die gegenwärtige exorbitante Staatsverschuldung und die zumindest leicht trabende Inflation kann die Erinnerung an die Währungsreform vor 75 Jahren dazu beitragen, die Sensibilität für Herausforderungen zu schärfen, die – wenn auch in stets wechselnder Gestalt – keineswegs nur der Vergangenheit angehören.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Meinungsverschiedenheiten mit der Sowjetunion beschlossen die Westmächte die Gründung eines eigenständigen West-Staates und den Aufbau einer freien Marktwirtschaft. Eine Währungsreform wurde zum Schlüssel für die erfolgreiche Wiederherstellung marktwirtschaftlicher Verhältnisse und damit letztlich auch für den Erfolg der Weststaatbildung unabdingbar.

 

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Im April 1948 einigten sich die Vertreter der drei westlichen Besatzungsmächte auf einen schnellen und radikalen Währungsschnitt. Die Kerngesetzgebung zur Währungsreform, die faktisch die Eigentümer von Geldvermögen in Deutschland entschädigungslos enteignete, wurde ergänzt durch eine grundlegende Reform der Wirtschaftsordnung.

Die unmittelbare Wirkung der Währungsreform war phänomenal. Über Nacht schien das Elend der Nachkriegszeit überwunden. Politisch trug der Erfolg der Währungsreform zur Stabilisierung der bürgerlich-liberalen Regierungsmehrheit bei, die sich wiederum um eine Verstetigung der günstigen ökonomischen Bedingungen im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft bemühte.

Dass sich eine ordoliberale Wirtschaftsordnung durchsetzen konnte, war angesichts der vorherrschenden öffentlichen Stimmung, die stärker in Richtung eines dritten Weges zwischen Moskau und Washington zu votieren schien, nicht selbstverständlich. Gleiches gilt für die Tatsache, dass die mit der Währungsreform verbundene faktische Enteignung des Geldvermögens großer Teile der Bevölkerung mehr oder weniger umstandslos hingenommen wurde.

Die Radikalität des Bruches und die Bedingungslosigkeit des Neuanfangs nach der Währungsreform wurden zu zentralen Elementen des Währungsreformmythos, der schließlich selbst einen der Treibsätze des Wirtschaftswunders bildete.

Seit Mitte der 1960er Jahre schwand das Vertrauen in sich selbst regulierende Märkte im Rahmen einer umfassenden Wettbewerbsordnung sukzessive zugunsten eines stärker planenden, lenkenden und regulierenden Staates, der entsprechend selbstbewusst immer größere Teile des Sozialproduktes in seine Verfügung zog.

 


 

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