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kurzum: Ein erster Zwischenstand zur Reform der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Umsetzung statt Utopie

Seit 2016 hat die EU zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) unternommen: Das vorliegende Papier gibt einen Zwischenstand über die Bemühungen und formuliert Vorschläge für weitere Schritte.

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Überblick über die wichtigsten Maßnahmen

  • Die Aktivierung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ, engl. Abkürzung PESCO) im Dezember 2017. Diese ermöglicht es einer Gruppe besonders befähigter Mitgliedstaaten, enger im Bereich der Verteidigungspolitik (Interoperabilität, Rüstung, Forschung) zusammenzuarbeiten. Politisch ist PESCO ein Erfolg: insgesamt beteiligen sich 25 Mitgliedstaaten. Im März 2018 wurden die ersten 17 konkreten Projekte auf den Weg gebracht (u.a. ein Europäisches Sanitätskommando, Vorhaben zur Stärkung der Mobilität von militärischem Material und Personal). Im November könnten ehrgeizigere Projekte kommen, wenn durch die erste Etappe zur Koordinierung der nationalen Verteidigungsplanungen Fähigkeitslücken und Dopplungen leichter zu identifizieren sein werden.
  • Die Einigung auf die Schaffung eines Europäischen Verteidigungsfonds (EDF), durch welchen Verteidigungsforschung und die Entwicklung von Fähigkeiten gefördert werden sollen, ist ein Quantensprung: Ab 2021 sollen 500 Millionen Euro jährlich in ein eigenständiges Verteidigungsforschungsprogramm fließen. Gleichzeitig sollen langfristig bis zu einer Milliarde jährlich für die Förderung der gemeinsamen Entwicklung von Fähigkeiten mobilisiert werden. Offen ist noch, ob der Mittelansatz die nun laufenden Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen übersteht.
  • Im Juni 2017 wurde ein militärischer Planungs- und Durchführungsstab (MPCC) geschaffen. geschaffen. Hinter der sperrigen Bezeichnung verbirgt sich die Keimzelle eines vom EP und mehreren Mitgliedstaaten seit langem geforderten militärischen Hauptquartiers der EU. Vorerst ist dieses aber nur für EU-Trainingsmissionen zuständig.
  • Ein schwieriges Thema bleibt die Stärkung der militärischen Einsatzfähigkeit im Rahmen von EU-Missionen. Im Juni 2018 stellte die Europäische Kommission die groben Linien einer künftigen „EU-Friedensfazilität“ (European Peace Facility, EPF) vor, die künftig mehr Kosten von GSVP-Missionen als bisher decken könnte und friedenserhaltende Operationen in Drittländern unterstützen könnte. Die von Frankreich vorangetriebene Interventionsinitiative, an der neun Mitgliedstaaten (darunter auch Großbritannien) teilnehmen, soll die Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der Mitgliedstaaten fördern.
  • Seit 2016 gibt es eine neue Dynamik in der EU-NATO-Zusammenarbeit: Man einigte sich auf 74 gemeinsame Projekte. Die Umsetzung kommt nur langsam vorwärts: Bislang sind erst zwölf auf den Weg gebracht. Bis Jahresende soll geklärt werden wie auch Nicht-EU-NATOStaaten von PESCO und dem Verteidigungsfonds profitieren können.

Herausforderungen

  • Es fehlt noch ein Konsens der Mitgliedstaaten über die Rolle der GSVP.
  • Mit dem Vereinigten Königreich verliert die EU bald ein sicherheitspolitisches Schwergewicht
  • Deutschland wird Frankreich davon überzeugen müssen, dass PESCO ein wirksames Instrument zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der EU ist. Das deutsch-französische Tandem muss andere zentrale Mitgliedstaaten in seine Initiativen zur Stärkung der GSVP einbinden.
  • Die Verteidigungsausgaben der meisten EU-Mitgliedstaaten liegen trotz Erhöhungen nach wie vor unterhalb der 2 Prozent-Marke. Der Finanzbedarf bei Forschung und Entwicklung ist hoch.

Zusammenfassung

Die Umsetzung der geplanten Vorhaben weist auf eine neue Dynamik in der GSVP hin. Bei aller Euphorie ist Realismus nötig:

  • So wichtig Fähigkeitsentwicklung und Forschung sind: Der Testfall wird die Bereitschaft zu militärischem Handeln in einem akuten Konflikt sein.
  • Viele der nun eingeleiteten Maßnahmen sind sehr langfristig angelegt. Erfolge und erste Ergebnisse werden sich hier eher in den nächsten zehn Jahren als in den nächsten zehn Monaten einstellen.
  • Trotz der Fortschritte ist die GSVP keine Alternative zum transatlantischen Bündnis. Der Glaube, die EU sei nicht mehr auf das transatlantische Bündnis angewiesen, ist eine Utopie. Allerdings können die Reformen dazu beitragen, die europäischen Bündnispartner langfristig zu einem handlungsfähigeren und somit attraktiveren Pendant zu machen.

Handlungsempfehlungen

  • In PESCO sollten ehrgeizigere Projekte in Angriff genommen werden. Verbündeten Drittstaaten sollte die Teilnahme an PESCO- und EDF-Projekten ermöglicht werden.
  • Einigung auf ein ehrgeiziges Sicherheitsabkommen mit Großbritannien.
  • Erhebliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben, insbesondere in den Bereichen Forschung und Entwicklung.
  • Konzeption eines sicherheitspolitischen Weißbuchs zu Zielen, Prioritäten und Instrumenten der GSVP.
  • Keine Kürzung der für den EDF vorgesehen Gelder im nächsten EU-Finanzrahmen.
  • Die GSVP sollte eine Priorität der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 sein.

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Kontakt

Dr. Olaf Wientzek

Olaf Wientzek bild

Leiter des Multinationalen Entwicklungsdialogs Brüssel

olaf.wientzek@kas.de +32 2 669 31 70
Analysen und Argumente
22. August 2018
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Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

erscheinungsort

Berlin Deutschland