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100 Tage Trump - Reaktionen aus Asien

Navigation zwischen Unsicherheit, Anpassung und neuen Optionen

Am 30. April 2025 wird Donald Trumps zweite Präsidentschaft die 100-Tages-Marke erreichen. Nur selten haben gute drei Monate im Amt so viele Veränderungen auf globaler Ebene mit sich gebracht. Mit großer Geschwindigkeit und großer Dringlichkeit reagieren Länder auf der ganzen Welt auf diese Veränderungen. Dies hat auch Folgen für Deutschland und die Europäische Union. Die Auslandsmitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Asien haben ihre Eindrücke darüber gesammelt, welche Strategien in der Region gewählt werden, um der veränderten Situation zu begegnen. Wie bewerten diese Länder die neue US-Regierung unter Präsident Trump? Welche Konsequenzen ziehen sie daraus für ihre wirtschaftlichen sowie außen- und sicherheitspolitischen Beziehungen zu den USA? 

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Die Analysen aus 13 asiatischen Ländern stellen einen schnellen Überblick über eine ganze Bandbreite von Ausgangssituationen und Reaktionen dar – von China über Japan bis Indien. Sie alle eint, dass sie in der Zeit seit Trumps Amtsantritt bereits verschiedene Phasen durchlaufen haben. Innerhalb von Tagen wurden Sonderzölle für asiatische Staaten verkündet und pausiert, mit Ausnahme Chinas. Die Beiträge unserer Büros vor Ort stellen daher eine Momentaufnahme zum Redaktionsschluss am 24. April 2025 dar. Zugleich bieten die Reaktionen in den ersten 100 Tagen wichtige Hinweise darauf, wie Deutschland und Europa die Beziehungen zu den Ländern in Asien während Trumps Präsidentschaft weiterentwickeln können.

 

Executive Summary

Die Analyse konzentriert sich auf die beiden Politikfelder Sicherheitspolitik und Wirtschaftspolitik. In beiden Bereichen wurden die Staaten gruppiert.

In der Sicherheitspolitik sind drei Arten zu beobachten, wie die Staaten Präsident Trump wahrnehmen: 1) Sie geraten unter Druck; 2) Sie erwarten keine Veränderungen; 3) Sie erwarten Verbesserungen im bilateralen Verhältnis.

  • Traditionelle Verbündete der USA zweifeln an der Verlässlichkeit Trumps und sind von seinen sicherheitspolitischen Forderungen direkt betroffen. Dies betrifft vor allem Japan, Südkorea, aber auch die Mongolei.

  • Keine Veränderungen in den Sicherheitsbeziehungen zu den USA unter Präsident Trump erwarten Indonesien, Kambodscha, Singapur, Thailand, Vietnam und die postsowjetischen Staaten Zentralasiens.

  • Hoffnung auf Verbesserungen der sicherheitspolitischen Beziehungen machen sich Indien und die Philippinen.

  • Hoffnungen auf Verbesserungen der sicherheitspolitischen Beziehungen macht sich jedoch auch China, allerdings nicht in Bezug auf die USA. Vielmehr bemüht sich das Land um eine Verbesserung der sicherheitspolitischen Beziehungen zu den Staaten, die durch Trumps außenpolitische Ansätze unter Druck geraten.

In der Wirtschaftspolitik ist die Situation anders. Alle Staaten sind, auf unterschiedlichem Niveau, durch US-Zölle unter Druck geraten. Hier gibt es drei Arten, wie die Staaten auf Präsident Trump reagieren: 1) Sie verändern ihr Verhalten nicht, da sie, trotz der Zölle, keine signifikanten Veränderungen erwarten; 2) sie lassen bislang nicht erkennen, wie sie darauf reagieren wollen; 3) Sie bemühen sich um Verhandlungen mit den USA sowie mit anderen Handelspartnern.

  • Keine Veränderungen trotz der Zölle erwarten die Philippinen und die postsowjetischen Staaten Zentralasiens.

  • Ohne erkennbare Reaktion und ohne veröffentlichte Strategie agieren die Mongolei und Singapur.

  • Verhandlungen mit der Trump Administration wie mit alternativen Handlungspartnern streben Indien, Indonesien, Japan, Kambodscha, Südkorea, Thailand und Vietnam an.

  • Ein Sonderfall ist erneut China, da das Land Gegenzölle beschlossen hat.

Die vorliegende Auswertung zeigt, wie stark Trumps "America First"-Doktrin das internationale Staatensystem, seine Institutionen und die Haltungen vieler Regierungen in dieser Region verändert hat. Für Deutschland und die Europäische Union lassen sich daraus mehrere Impulse ableiten.

 

1. Neugestaltung des Multilateralismus

Die US-Administration unter Donald Trump steht für eine Abkehr von multilateraler Außenpolitik. Die pauschalen Zölle, der Rückzug aus multilateralen Abkommen sowie das in Fragestellen von sicherheitspolitischen Mechanismen der Kooperation und Solidarität verstärken diesen Trend. Diese Entwicklung birgt strategische Unsicherheiten und zwingt zu Neuorientierungen. Etablierte Partner wie Japan, Südkorea und Singapur suchen in dieser Situation verstärkt nach neuen Zusammenschlüssen und minilateralen Plattformen, um ihre Interessen zu wahren.

 

2. Strategische Ambiguität und Transaktionalismus

Ein wiederkehrendes Muster der US-Außenpolitik ist Unberechenbarkeit. Im Umgang mit Verbündeten wie Rivalen bevorzugt Präsident Trump "Deals". Das Ergebnis sind kurzfristige, bilaterale Übereinkommen, die mitunter durch hohen politischen und wirtschaftlichen Druck erzwungen werden. Dieser Transaktionalismus motiviert zu strategischer Ambiguität und macht Appeasement-Strategien als Allzweckwaffe in geopolitisch heiklen Fragen wahrscheinlich.

 

3. Geopolitischer Raumgewinn autoritärer Staaten

Während die USA ihre Rolle als hegemoniale Macht in der Welt zurückbauen, stoßen autoritäre Mächte – allen voran China – in dieses Vakuum vor. China inszeniert sich als Garant von Stabilität und Ordnung, hegt jedoch gleichzeitig weitreichende Ansprüche. Länder im direkten Einflussbereich Chinas wie die Mongolei oder Vietnam müssen ihre außenpolitischen Optionen neu ausrichten. Deutschland und die EU müssen Alternativen zur chinesischer Infrastrukturpolitik anbieten und zugleich daran arbeiten, die Abhängigkeiten von China weiter zu verringern. Ein Schritt dabei dürfte die geplante Ausarbeitung einer neuen China-Strategie sein, die jedoch diesmal klare Maßnahmen benennen muss, die eindeutig priorisiert und mit einem entsprechenden Mittelansatz unterlegt sein sollten.

 

4. Wirtschaftliche Resilienz

Die großflächige Erhebung von Zöllen betrifft nicht nur China, sondern auch Länder wie Japan, Südkorea, Vietnam oder Indonesien. Viele dieser Staaten sehen sich gezwungen, mit ad-hoc-Kompromissen zu reagieren. Unabhängig von der Weiterentwicklung der Zölle nach der Pausierung wird die Fragmentierung globaler Lieferketten zunehmen. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten dürften genau wie die Preise für deutsche Verbraucher steigen.

 

5. Verunsicherung als Wendepunkt

Die US-Zölle treffen viele Länder in der Region hart. Aufgrund des riesigen europäischen Binnenmarkts, der hohen Kaufkraft europäischer Konsumenten sowie der zahlreichen hochtechnologischen Unternehmen mit ihren global vernetzten Lieferketten gilt die EU für viele Schwellenländer mit Blick auf die notwendige Diversifizierung der eigenen Handelsbeziehungen als bevorzugter Partner. Trumps Zollpolitik könnte für die EU einen dringend notwendigen Wendepunkt in ihren Handelsverhandlungen mit Schwellenländern weltweit bedeuten.

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Kontakt

Christian Echle

Christian Echle

Leiter der Abteilung Asien und Pazifik

christian.echle@kas.de +49 (0) 30 26996 3534

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